Karin schlenderte durch die Stadt und freute sich darüber, noch einen Platz im Außenbereich eines kleinen Cafés erwischt zu haben. Wie immer, so blieb auch heute der Platz ihr gegenüber frei.
Aber
irgendwie hatte sie sich an diesen Zustand gewöhnt. Schließlich lag die
Trennung von ihrem Mann schon zwei Jahre zurück.
Sie war
durchaus angekommen in ihrem neuen Leben, hatte sich eine schnuckelige kleine
Wohnung gesucht und nach ihrem Geschmack eingerichtet.
Hin und
wieder schaute Max, ihr Sohn, vorbei. Auch zu ihrem Exmann bestand noch
Kontakt, wenn auch nur sehr sporadisch. Aber wenigstens hatten sie es
geschafft, Freunde zu bleiben.
„Was darf
es sein?“, fragte plötzlich die Bedienung neben ihr.
Karin war
so in Gedanken gewesen, dass sie die junge Frau gar nicht hatte kommen hören.
„Einen
Cappuccino mit Sahne bitte!“
Karin
stand zu ihren Rundungen und genoss das Leben. Und dazu gehörten auch hin und
wieder ein Eis oder ein Cappuccino mit Sahne.
„Hey, was
machst du denn hier?“, wurde sie in dem Moment unerwartet von Ute, ihrer besten
Freundin, angesprochen.
„Einen
Cappuccino trinken“, antwortete Karin lächelnd.
Ute ließ
sich auf den Platz gegenüber fallen. „Du, viel Zeit habe ich zwar nicht“,
meinte sie mit einem Blick auf ihre Armbanduhr, „aber es trifft sich
ausgezeichnet, dass ich dich hier treffe. Ich habe da nämlich etwas für dich.“
Schon
griff Ute in ihre Handtasche und kramte eine aus einer Zeitung gerissene Seite
hervor.
„Schau
mal, eine Kontaktbörse für Senioren.“
„Ute, was
soll der Quatsch. Ich suche keinen Mann.“
„Ja, ja,
das weiß ich doch. Du wirst ja nicht müde, das zu behaupten. Aber ich sage dir,
es wäre schöner für dich, wenn es da wieder einen Partner an deiner Seite gäbe.
Lass uns doch wenigstens mal schauen, was so im Angebot ist.“
„Na, wie
das schon klingt. Ich suche keinen Mann, der ‚angeboten‘ wird.“
„Na los,
nun sei kein Spielverderber. Wenigstens schauen könntest du doch mal. Und dann
triffst du dich vielleicht mit jemandem und wenn es nichts ist, ist es auch
gut. Aber vielleicht wartet ja die große Liebe auf dich.“
„Das
glaubst du doch wohl selbst nicht!“
Die
Bedienung servierte den Cappuccino und nahm Utes Kaffeebestellung entgegen.
„Wie
gesagt, viel Zeit habe ich nicht, aber für einen Kaffee und einen Plausch mit
dir reicht es allemal. Also hör mal zu, was hier steht: ‚70jähriger bietet
warmherziger Partnerin Schulter zum Anlehnen!‘ Das klingt doch super, findest
du nicht?“
„Ute,
bitte, ich suche keine Schulter zum Anlehnen. Ich stehe mit beiden Beinen fest
auf dem Boden. Also an die Schulter darf sich gerne eine andere lehnen.“
„Na gut,
schauen wir weiter. Pass auf: ‚Lust am Spiel‘?“
„Nun ist
aber gut. Wer weiß, was der für Spielchen meint. Nein, nein, den will ich auf
gar keinen Fall treffen.“
Ute freute
sich zu hören, dass Karin wenigstens in Erwägung zog, einen Mann zu treffen.
Wenn auch nicht diesen. Aber die Seite war ja voll mit netten Anzeigen:
„Lebensfroher
Naturliebhaber mit flottem Auto sucht …“
„Niemals“,
fiel Karin ihrer Freundin ins Wort. „Allein das Wort ‚Naturliebhaber‘ sagt doch
schon, dass es sich um einen Langweiler handelt.“
„Du bist
aber auch wählerisch. Aber nun gut. Wir werden schon den richtigen für dich
herausfischen.
„Schau
nicht nach unten, dann siehst du die Sterne nicht!“
„Steht das
da etwa?“
„Natürlich
steht das hier. Sonst würde ich es dir ja nicht vorlesen.“
„Vergiss
es. Das ist mir zu schmalzig. Ich brauche auch niemanden, der mir die Sterne
zeigt. Wenn überhaupt, hätte ich gerne einen gestandenen Mann so ganz ohne
Firlefanz.“
„Na, dann
suchen wir einfach weiter. Was hältst du denn hiervon: ‚Händchenhaltend durchs
Leben gehen‘ …“
„Ich
bekomme gleich einen Schreikrampf. Auf gaaaar keinen Fall!“
„Aber
jetzt, pass mal auf, Karin. Das wird dich umhauen: ‚Grauer Wolf mit Herz und
Humor, an Kunst und Musik interessiert, sucht lebensfrohe Partnerin‘.“
Ute
wartete auf Karins Reaktion. Aber die kam nicht.
„Was ist
los? Hat es dir die Sprache verschlagen?“, wollte Ute wissen.
Karin
nippte an ihrem Cappuccino und ließ Ute wissen, dass das die erste Anzeige sei,
die sie nett fände.
„Nett,
soso.“
Ute griff
wieder in ihre Handtasche und holte einen Kuli heraus, mit dem sie besagte
Anzeige dick umrandete.
„So, einen
hätten wir im Sack. Aber wir können ja noch weiter schauen. Was hältst du
hiervon: ‚Gepflegter Er, 68, sucht Sie, die wieder Schwung in sein Herz und
Haus bringt.‘“
„Das
kannst du voll vergessen. Der sucht doch nur eine Putzfrau und nichts anderes.“
„Da
könntest du recht haben“, erwiderte Ute und meinte mit einem weiteren Blick auf
die Uhr, „schade, dass ich weg muss, aber vielleicht finden wir ja noch eine Anzeige, die dir gefällt, bevor ich gehen muss.“
„Ich weiß,
du meinst es gut, Ute, aber wirklich, lass es gut sein. Ich bin echt nicht auf
der Suche. Entweder das Glück kommt irgendwann von selbst auf mich zu oder ich
lasse es.“
„Pass auf,
ich lasse dir die Seite hier. Vielleicht überlegst du es dir ja noch anders.“
Ute
verabschiedete sich und verschwand bald darauf im Getümmel der Einkaufsstraße.
„Entschuldigen
Sie bitte“, wurde Karin bald darauf überraschend von einem Herrn am Nachbartisch
angesprochen. „Ich habe unfreiwillig das Gespräch mit ihrer Freundin
mitbekommen. Die will Sie wohl verkuppeln.“
Karin
errötete verlegen. Ute sprach aber auch immer so laut. Bestimmt hatten auch
noch andere ihr Gespräch mitbekommen.
„Also“,
fuhr der Mann fort, „ich bin zwar nicht besagter ‚grauer Wolf‘ aus der Anzeige,
aber wie Sie unschwer erkennen können, könnte ich es sein.“
Karin
schmunzelte.
„Kann ich
Sie vielleicht zu einem Stückchen Kuchen überreden?“
Er konnte und er durfte – bleiben.
Ich hoffe, euch hat das Lesen der Geschichte genau so viel Freude bereitet, wie mir das Schreiben –
und damit wünsche ich euch allen
ein frohes Pfingstfest.
Die nächste Reizwörter-Geschichte wird am
30. Mai erscheinen.
Diese Geschichte nimmt
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So könnte es sein, das Schicksal legt die Karten, jedenfalls in dieser Beziehung. Der Phantasie sind bei dieser Geschichte keine Grenzen gesetzt.
AntwortenLöschenLiebe Grüsse zu Dir, Klärchen
Ach wie schön, dass du dich zu Wort meldest. - Das ist ja das Großartige an Geschichten. Darin ist alles möglich und nichts unmöglich und immer kann es gut ausgehen. (Fast wie im wahren Leben.) :-))) LG Martina
LöschenKlingt fast wie im Märchen, Du hast Dir schöne Anzeigen ausgedacht. Gott-sei-Dank steht nichts von "ohne Altlasten" drin ;.)). Liebe Grüße von Christine
AntwortenLöschenAch Mensch, schade! Das mit 'ohne Altlasten' ist mir gar nicht eingefallen. Lach! :-))))
LöschenDanke dir für deinen Besuch und dafür, dass du einen Kommentar hinterlassen hast! LG Martina