Zu den Reizwörtern: Sommerkollektion,
Lederausstattung, herumlaufen, überreden und krankhaft findet ihr auch bei Regina und Lore Geschichten!
„Ja, ja, ja, ich will!“,
schreit es in mir und ich füge den Artikel meinem Warenkorb zu.
Diese Sneakers MUSS ich haben
und auch diese luftige Bluse aus der neuesten Sommerkollektion, die muss es auch noch sein.
Nein, muss es nicht, sagt mir
mein Verstand. Es hängen doch schon 10 andere im Schrank und ich muss auch
nicht wirklich noch ein Paar Sneakers zu den 7 anderen Paaren in den
Schuhschrank stellen.
Aber irgendwie kann ich nicht
anders, auch wenn sich die Türen meines Kleiderschrankes schon gar nicht mehr
schließen lassen und vorne auseinander klaffen wie das offene Maul eines
riesigen Wales bei der Suche nach Futter.
Aber wer möchte schon in alten
und uncoolen Klamotten herumlaufen?
Allerdings kommen mir mehr
und mehr Bedenken, ob sich das Ganze bei mir nicht langsam aber sicher zu einem
krankhaften Verhalten
auswächst.
Weshalb haben wir Menschen eigentlich
ständig das Gefühl, noch mehr, mehr, mehr und mehr zu gebrauchen? Die meisten
von uns haben doch alles und zwar im Überfluss. Und leider muss ich gestehen,
dass ich auch zu ihnen gehöre.
Warum reicht es mir nicht,
was ich habe und warum müssen es bestimmte Markenklamotten sein? Ich frage mich
das wirklich und schon lange, aber ich traue mich einfach nicht, aus diesem
Hamsterrad auszusteigen.
Was würden meine Freunde
sagen, wie würden sie auf mich reagieren, wenn
ich plötzlich eingestehe, dass es mir piep-egal ist, ob meine Jeans von
einem bestimmten Hersteller stammt? Sie muss doch eigentlich nur bequem sein,
oder nicht? Das reicht mir schon und mir ist es auch piep-egal, welches Auto
ich fahre. Meins ist eh alt und mal ehrlich, wer braucht schon einen Porsche
mit Lederausstattung? Also
ich nicht. Ich möchte nur von A nach B kommen und hätte dafür gerne einen
fahrbaren Untersatz mit einer intakten Heizung für den Winter. Aber wird man deshalb
nicht schon schräg angesehen, wenn man ein altes zerbeultes Auto fährt? Und
was, wenn die Nachbarn denken, dass ich mir ein besseres Auto gar nicht leisten
kann?
Und wie oft habe ich das
Gefühl, von der Werbung regelrecht erschlagen zu werden. Und da ist die
Autoindustrie ganz oben mit dabei und will mir einreden, dass ich genau dieses
Fahrzeug benötige, um andere zu beeindrucken und wer weiß, vielleicht schaffen
sie es wirklich eines Tages, mich dazu zu überreden,
es zu kaufen und mich damit maßlos zu verschulden. Und wozu das Ganze?
Werbung, die mich glauben
lässt, dass dann, wenn ich dieses oder jenes Produkt kaufe, sich mein Leben auf
einen Schlag zum Besseren verändern würde.
Das eine Produkt macht mich
schöner, das andere schlauer, ein drittes lässt mich cool aussehen und ein weiteres
macht mich auf einen Schlag gesund und schlank.
Und ich mache dabei mit und
zeige damit meinen Mitmenschen nicht nur, dass ich in diesem Karussell des
Wahnsinns mitfahre, sondern auch: Schaut her, ich kann mir das alles leisten.
Aber mal ehrlich: Lassen wir
uns alle nicht allzu gerne von all dem bunten Geschehen verführen? Ich will das
alles. Ich will schön sein und schlau und schlank. Ich will einfach dazu
gehören zu dieser immer jung bleibenden Gesellschaft.
Also, was will ich in diesem
Moment? Will ich dieses Produkt in meinen Warenkorb tun? Ja oder Nein?
Und schon wieder schreie ich:
„Ja, ja, ich will. In guten, wie in schlechten Zeiten und wenn möglich, bis dass
der Tod uns scheidet.“
Wer weiß, vielleicht ist die
Konsumgesellschaft so etwas wie eine riesige Glaubensgemeinschaft aus der man eben
nicht so einfach aussteigen kann.
Oder steckt noch etwas
anderes hinter meiner Maßlosigkeit? Ich muss doch nicht nackt herumlaufen, wenn
ich mir diese Klamotten nicht kaufe.
Ob ich hin und wieder ‚mehr
haben wollen‘ mit ‚mehr sein wollen‘ verwechsele?
Und ist es nicht so, dass wir
uns irgendwie gegenseitig belügen, in dem wir uns mit Kleidung und
Statussymbolen behängen und unser wahres ICH damit und darunter zu verstecken
versuchen?
Oder denken wir an das eine
oder andere gesundheitliche Problem. Es lässt sich eben oft nicht mit einer
Creme oder einer Pille verbannen, auch wenn uns die Werbung das gerne glauben lassen
möchte.
Wir ‚müllen‘ uns zu mit
Dingen, die wir eigentlich gar nicht brauchen. Doch all unsere emotionalen
Probleme lösen wir garantiert nicht mit unserem Kaufverhalten.
Unzufriedenheit, fehlendes
Selbstwertgefühl, Ängste, Trauer bleiben auch dann, wenn ich diese Teile jetzt
kaufe.
Vielleicht sollte ich mir,
bevor ich mir etwas kaufe und bevor ich mein Konto ins Minus bringe, eine
kleine Frage stellen: „Brauche ich das wirklich?“
Und dann sollte ich ehrlich sein
mit mir selbst und mich nicht durch meinen Geist, der sicher einige
Gegenargumente kennt, von meinem Entschluss, NEIN zu sagen, abbringen lassen.
Und schon gar nicht durch die Werbung.
Wenn ich dennoch hadere,
könnte eine weitere Frage helfen: „Was passiert, wenn ich das jetzt NICHT
kaufe?“
Oh ja, was passiert? Mein
Konto bliebe im Plus oder ich lege das Geld für einen Urlaub beiseite.
Wieder schaue ich auf die
Frage: „Willst du dieses Produkt zu deinem Warenkorb hinzufügen?“
NEIN, diesmal nicht.
© Martina Pfannenschmidt,
2020
Diese Geschichte nimmt an Elkes 'froher und kreativer Linkparty' teil.
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Wir lassen uns zu sehr von anderen beeinflussen und bemerken gar nicht, dass wir gar nicht mehr unser eigenes Leben leben.
AntwortenLöschenLiebe Martina wieder mal eine Erzählung zum nachdenken, Herzliche Grüße Lore
Guten Morgen, liebe Lore, du bist ja wirklich früh dran! - Ich danke dir für deinen Besuch mit Kommentar und werde mich jetzt ganz flott auf den Weg zu dir machen. - Wenn auch nur zum Blog und nicht zu dir persönlich. :-) - LG Martina
LöschenMarkenklamotten- was ist denn das?
AntwortenLöschenSchuhe? Ich lauf die 5 Paar, bis sie Löcher zeigen.(Na ja fast) :)
Schönheitscreme? Wenn ich alt bin will nicht jung aussehen, sondern glücklich.
Die glatte Werbung kann mir den Buckel runterrutschen.
Ich bin schon in,- in mir selbst.
In diesem Sinne,
ein wundervolles Leben!
Zur anfänglichen Frage:
Willst du? Nur das Notwendigste bitte.
Ach wie schön und erfrischend ist es zu lesen, dass es Menschen gibt, denen all dieser Rummel gestohlen bleiben kann. - Ich glaube, wir können nichts Besseres für uns tun, als uns so anzunehmen, wie wir sind und JA, am Schönsten sind wir in unserem tiefsten Inneren. - Zu den Schuhen: Ich bin froh, wenn ich mal ein Paar finde, in denen ich bequem laufen kann und das tue ich dann (wie du), bis sie auseinander fallen. Alte und lange getragene Schuhe sind doch auch am Bequemsten. - Hab Dank für Besuch und Kommentar und einen LG! Martina
LöschenLiebe Martina,
AntwortenLöschensiehst du, wie ich zustimmend vor mich hin nicke? Früher war ich auch eher so der Konsument und habe mich beeinflussen lassen, das ist jetzt aber nicht mehr so, glücklicherweise. (Ab und zu gehen noch die Pferde mit mir durch, aber selten).
Liebe Grüße
Regina
Ich dachte die ganze Zeit: 'Ist das nicht Regina, die da so zustimmend nickt?!' Siehste, dann hab ich es richtig gesehen. - Als junge Frau war ich die Kandidatin, die immer alles haben musste, wo 'Neu' drauf stand. - Das hat sich mit zunehmendem Alter aber deutlich gelegt. 'Neu' heißt ja auch weder 'gut' noch 'besser'. Oft steht 'neu' auch für 'teuer'. - Ich denke, wir sollten unser Konsumverhalten alle mal gründlich auf den Prüfstand stellen. Durch Carona kommt in dieser Hinsicht vielleicht automatisch ein Wandel.
LöschenDanke für deinen Besuch und den Kommentar. Ich komme gleich noch zu dir gehuscht. - LG Martina
Ja, es ist sehr vernünftig, mal über den Konsum nachzudenken. Ich kaufe mir lieber umweltfreundliche, langlebige und zeitlose Sachen. Die sind zwar teurer, aber ich brauche auch nicht so viele Teile. Wenn die Sachen aus billigem Stoff sind, halten sie auch nicht und landen schnell in den Müll.
AntwortenLöschenLG Elke
Hallo, Elke, ja, wir können auf sehr vielen Gebieten genauer hinschauen und nachdenken. Das gilt natürlich auch für unsere Kleidung. Nachhaltig und zeitlos sind dabei gute Stichworte. - Danke dir für deinen Besuch und Kommentar und ganz liebe Grüße! Martina
Löscheneine sehr schöne Geschichte die sich mancher zu Herzen nehmen sollt
AntwortenLöschenvor allesm wohl die Jüngeren
ich bin nie in die "Verlegenheit" gekommen mich von Werbung verführen zu lassen
ich hatte(fast) nie eigenes Geld sondern nur "Familiengeld" und da kam natürlich erst die Familie dran
für mich war der Rest und das war nicht viel
so habe ich mich daran gewöhnt bescheiden zu sein
meine Kleidung trage ich auf bis es nicht mehr geht
Schuhe habe ich 3 Paar die ebenso getragen werden
Kosmetik hat mich noch nie beeindruckt
mal eine Creme ..aber meist hatte ich gar keine Zeit dafür
heute muss ich wieder haushalten
da sind keine großen Sprünge drin ;)
so wird man bescheiden
aber ich habe alles was ich zum Leben brauche
liebe Grüße
Rosi
Liebe Rosi, erst heute sehe ich, dass du einen Kommentar hinterlassen hast. - Es ist einfach zu blöd, dass ich keine Benachrichtigung mehr erhalte.
LöschenDie Geschichte ist natürlich frei erfunden, aber sicher gibt es viele Leute (oder Frauen), die dem großen Angebot nicht widerstehen können. - Wenn man gelernt hat, bescheiden zu leben, widersteht man den Versuchungen sicher viel leichter. - Liebe Grüße - mit Verspätung -! Martina
Wir sind eine Glaubensgemeinschaft...lach! Man sagt ja , für ein neues Teil ein altes weg! Von diesem Druck zu kaufen , was Schuhe und handtaschen betrifft, bin ich nicht so betroffen, aber..., manchmal packt es mich auch.Zur Zeit aber weniger. Alles kann ich nachvollziehen ,Martina, diese Zweifel zwischen Herz und Verstand. Diesmal hat die Vernunft in Deiner Geschichte gesiegt, sehr amüsant war sie.
AntwortenLöschenLiebste sonnige Grüsse, Klärchen
Hallo Klärchen, ich kenne einen jungen Mann, der es wirklich genau so macht. Wenn er sich ein neues Hemd kauft, wird ein altes entsorgt. Er hat immer die gleiche Anzahl an Hemden in seinem Schrank. Da ist er wirklich sehr konsequent. - Das kann ich von mir nicht immer behaupten. - ;-)
LöschenDanke für deinen Besuch und Kommentar! LG Martina