Auch bei Lore und Regina findet ihr Geschichten, in denen die nachfolgenden Reizwörter verarbeitet wurden:
Wald, Schneesturm, erfrieren, glitzern,
wunderschön
Ein heftiger Schneesturm fegte um die alte
Scheune und blies durch so manche Ritze feinen Schnee und klirrende Kälte
hinein.
„Wie gut, dass wir unseren eigenen
dicken Wollpulli tragen“, scherzte Agatha, das Mutterschaf.
Alice, ihre kleine Tochter,
stand dennoch etwas zittrig neben ihr.
„Du musst dich nicht fürchten“,
meinte Agatha beruhigend, „der Sturm wird sich bald legen und wir werden ganz
gewiss nicht erfrieren müssen.“
Dennoch kuschelte sich Alice
noch ein bisschen dichter an ihre Mutter heran.
„Wie wäre es denn“, fragte diese
nach einer Weile, „wenn ich dir eine kleine Geschichte erzähle?“
„Das wäre toll“, antwortete Alice
begeistert, ließ sich dicht neben ihrer Mutter im Stroh nieder und lauschte gespannt.
„Es war einmal eine ältere,
reiche Dame“, begann Agatha, „die in einer schönen kleinen Villa am Stadtrand
lebte und auf den Namen Patricia hörte.
Patricia war vor vielen
Jahrzehnten in diesem Haus geboren worden, das sie danach zusammen mit ihren
Eltern mit Leben gefüllt hatte. Heute bewohnte sie das Haus nur noch alleine
und vielfach trugen sie ihre Gedanken zurück in die fröhliche Vergangenheit.
Damals, ja damals, da hatte
es neben ihren Eltern noch ihre allerbeste Freundin Heidi gegeben.
Heidi lebte zu der Zeit in
einem kleinen Häuschen dicht am Wald
und obwohl die Büsche in Patricias Garten inzwischen viel höher gewachsen
waren, konnte sie das verwunschene kleine Häuschen noch heute von ihrem
Wohnzimmerfenster aus sehen.
Heidi war dort zusammen mit
ihrer Mutter in sehr bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen; doch trotz des
unterschiedlichen Standes waren die beiden Mädchen allerbeste und
unzertrennliche Freundinnen gewesen.
Eines Tages jedoch hatten
Patricias Eltern entschieden, ihre Tochter auf ein Internat zu schicken und so verloren
sich die beiden Freundinnen aus den Augen.“
„Oh“, sprach Alice
dazwischen, „dann waren sie aber bestimmt sehr traurig.“
„Ja, ganz sicher waren sie das
und auch an diesem Tag, von dem ich dir erzähle, war Patricia ein bisschen
wehmütig zumute, als sie am Fenster stand und hinüber zum alten Haus ihrer
Freundin blickte. Der Schnee, der dick auf dem Dach des kleinen Häuschens lag, glitzerte im Sonnenlicht und
fein kräuselte sich weißer Rauch aus dem Schornstein, als Patricia sich fragte,
wo ihre Freundin aus Kindertagen wohl heute lebte. Vielleicht hatte sie
geheiratet und Kinder bekommen. Beides war Patricia verwehrt geblieben, weshalb
sie trotz ihres Reichtums oft einsam war.
Die Dunkelheit hielt auch an
diesem Tag früh Einzug, weshalb es sich Patricia mit einem guten Buch vor dem
Kamin gemütlich machte. Aber irgendwie konnte sie sich einfach nicht auf den
Inhalt des Buches konzentrieren. Ihre Gedanken gingen ständig zu dem alten Haus
und ihrer früheren Freundin zurück. Eigenartig war das.
Ob Heidi wohl manchmal auch an
sie dachte, fragte sie sich.
Am nächsten Morgen klingelte
es an der Haustür. Der Postbote brachte ein kleines Päckchen und überreichte
ihr ein paar Briefe. Gerade als Patricia die Haustür wieder schließen wollte,
kam ihr ein Gedanke, weshalb sie dem Postboten hinterher rief: ‚Entschuldigen
Sie bitte, können Sie mir sagen, wer jetzt in dem alten Haus oben am Waldrand
wohnt?‘
‚Oh, das tut mir sehr leid‘,
antwortete dieser, ‚aber es ist uns strengstens untersagt, derartige Auskünfte
zu geben.‘
„Der ist gemein, der
Postbote“, fuhr das kleine Schäfchen aufgebracht dazwischen. „Vielleicht wohnt
ja die beste Freundin Heidi inzwischen wieder dort. Er soll es ihr doch bitte
sagen, Mama, ja?“
Agatha schmunzelte. „So, fuhr
sie fort. Du möchtest also, dass Heidi wieder in dem Haus wohnt und die beiden
Freundinnen sich nach vielen Jahren wiederfinden?“
„Oh ja, bitte. Das wäre doch
wirklich schön!“
„Ja, das wäre wunderschön“, schmunzelte Agatha.
„Nun, wir werden sehen, wie es weitergeht.
Der Postbote sah das traurige
Gesicht der alten Dame, weshalb er näher an sie heran trat und ihr im
Flüsterton zutrug, dass er ihr den Namen der Frau wirklich nicht verraten
dürfe, dass er aber glaube, dass sie sehr arm und auch einsam sei. ‚Vor ihrem
Haus liegt kaum noch Holz‘, erzählte er außerdem, ‚und wenn es weiterhin so
kalt bleibt, könnte der Frau das Brennholz ausgehen und das, wo doch das
Weihnachtsfest vor der Tür steht und es schon jetzt mächtig kalt ist. Aber:
Pssst! Ich habe nichts gesagt!‘ Dabei legte er einen Zeigefinger vor den Mund.
Patricia bedankte sich für
die Auskunft, legte das Päckchen und die Briefe gedankenlos auf die kleine
Kommode im Flur ab und begab sich in ihre Küche, um sich einen Tee
zuzubereiten. Sie musste nachdenken und das konnte sie am besten bei einer
Tasse Tee tun.
Eines wurde ihr dabei schnell
klar: Dieser Frau musste geholfen werden, ob es sich nun um ihre alte Freundin
Heidi handelte oder um eine andere Person. Deshalb griff sie nach ihrem
Telefonbuch, suchte gezielt nach einem Namen und gab dort anschließend eine
Bestellung auf.
Der Mann am anderen Ende des
Telefons erkundigte sich noch einmal, ob er es wirklich richtig verstanden hatte:
Er sollte ein ganzes Fuder Brennholz bei dem alten Haus am Waldrand abladen und
die Rechnung sollte er an Patricia richten?
‚Ja‘, antwortete diese kopfschüttelnd,
‚das hab ich Ihnen doch gerade gesagt! Und denken Sie daran: kein Wort zu der Frau,
wer Ihnen den Auftrag erteilt hat.‘
Bereits am nächsten Tag wurde
das Holz angeliefert. Die alte Frau, die in dem Haus lebte, konnte ihr Glück
kaum fassen und sprach von einem Wunder, um das sie täglich gebeten hatte.“
„Dann war es doch nicht Heidi,
die dort wieder wohnte?“, erkundigte sich Alice und war sichtlich enttäuscht.
„Nein, leider nicht“,
bestätigte Agatha, „aber du weißt doch: wenn wir anderen etwas Gutes tun, so
wird auch das Gute zu uns finden, nicht wahr?“
Alice nickte. Von diesem
Naturgesetz hatte ihr ihre Mutter schon oft erzählt.
„Pass nur auf“, meinte Mama,
„wie die Geschichte endet.
Ein paar Tage später – das
Weihnachtsfest rückte immer näher -, entschied Patricia, mit dem Bus in die
Stadt zu fahren, um ein paar Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Sie wollte in
jedem Fall auch den Briefträger bedenken, ihre Zugehfrau und ein paar liebe
Freunde. So kam es, dass ein kleines Geschenk nach dem anderen in ihren Taschen
verschwand und sie entschied, sich für die Rückfahrt ein Taxi zu nehmen.
Der junge Taxifahrer war sehr
freundlich, nahm Patricia die Tüten ab und hielt ihr die Autotür auf, damit sie
bequem einsteigen konnte.
Sie nannte ihre Adresse und
das Taxi setzte sich in Bewegung. Der junge Mann sah jedoch auffallend oft in den
Spiegel, so dass sich Patricia regelrecht
beobachtet fühlte, was ihr sichtlich unangenehm und auch unheimlich war. Dennoch
fragte sie ihn mutig: ‚Weshalb sehen Sie mich so eindringlich an?‘
‚Entschuldigen Sie bitte. Ich
weiß, dass ist sehr unhöflich‘, erwiderte der junge Mann wohlerzogen, ‚aber die
Adresse, die Sie mir genannt haben, kommt mir aus Erzählungen meiner Großmutter
irgendwie bekannt vor. Sie spricht häufig von ihrer besten Freundin, die dort
einmal gewohnt haben soll. Sagen Sie, Ihr Vorname ist nicht zufällig Patricia?‘
Wie gut, das sie saß, sonst
wäre Patrica gewiss vor lauter Schreck umgefallen …“.
„… und dann haben sich die
beiden wieder getroffen und Patricia hat zusammen mit ihrer Freundin Heidi und
deren Familie Weihnachten gefeiert. So war es doch, Mama, oder?“, fragte das
kleine Schäfchen voller Ungeduld.
„Wenn du möchtest, dass diese
Geschichte so endet, meine kleine Alice, dann soll es sich genau so zugetragen
haben.“
© Martina Pfannenschmidt,
2020
Liebe Martina,
AntwortenLöschenwas für eine schöne, zu Herzen gehende Weihnachtsgeschichte. Ich habe sie sehr genossen und finde besonders auch den letzten Satz genial, der durch den offenen Schluss Raum für eigene Gedanken lässt! Ganz toll, vielen Dank,
herzliche Grüße
Regina
Genau das wollte ich sagen: Wir schreiben Geschichten und haben die Feder in der Hand. Jede endet so, wie wir es uns wünschen. - Machen wir das mit unserem Leben doch auch 'einfach' so! - Liebe Grüße und Danke für den Kommentar! - Ich glaube, ich war zeitgleich bei dir! - Martina
LöschenAch ist das schön Martina, hätte ich doch Kinder denen ich die Geschichte vorlesen könnte, aber sie ist ja auch für die grossen Alten,zwinker, und die verstehen den Sinn sehr schnell.
AntwortenLöschenDankeschön, ich habe mich gefreut und gern gelesen. Alles liebe für Dich und adventliche Grüsse, Klärchen
Ich freue mich auch: Darüber, dass du meinen Blog besucht und die Geschichte gelesen hast. Aber noch mehr darüber, dass du sie gerne gelesen hast. Zwinker!
LöschenHab du auch - trotz aller Unruhe im Außen - eine schöne Adventszeit!
Was für eine wunderschöne Geschichte, die Lores Herz erfeut, danke, LGLore
AntwortenLöschenNa, wenn ich DAS geschafft habe, freue mich natürlich sehr!
LöschenLiebe Grüße zurück!
Martina
Das hast du wieder mal so herzig geschrieben liebe Martina,danke.Eine friedvolle und kuschelwarme Adventszeit
AntwortenLöschenwünsch dir Helga
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Dankeschön, liebe Helga, auch für die lieben Wünsche. - Das wir im Herzen friedvoll bleiben und es uns zuhause kuschelwarm machen, das ist wohl nicht nur im Moment das Gebot der Stunde! - Auch dir wünsche ich von Herzen eine zu Herzen gehende Advents- und Weihnachtszeit! LG Martina - Dein Stern zeigt, was es bedeutet, im Licht zu stehen!
Löscheneine Geschichte fürs Herz
AntwortenLöschendankeschön
manchmal denke ich auch an Freundinen von früher zurück und frage mich was aus ihnen geworden ist
ich wünsche dir noch eine schöne restliche Adventszeit
Rosi
Das geht mir ganz genau so. Wenn ich denke, wie eng ich mit manchen von ihnen damals befreundet war - und heute? Es ist nur noch eine Freundin aus Schulzeiten übrig geblieben. Alle anderen habe ich aus den Augen verloren, weil sie weggezogen sind. Und die, die noch da sind, grüßt man von weitem und das war es dann. - Aber: es sind neue Freundschaften entstanden, die ich nicht mehr missen möchte. - So wechseln die Menschen, die mit einem an der Seite gehen, immer wieder. LG und Danke für deinen Besuch und Kommentar! - Nur noch eine Woche, dann ist Heiligabend! (Das hat gerade unsere jüngste Enkeltochter festgestellt. Da war die Freude riesig!) Martina
LöschenDas ist aber eine sehr schöne Reizwortgeschichte. Ich hatte mich vor Jahren mit meiner früheren Schulfreundin verabredet und getroffen. Wir schreiben uns immer zu Weihnachten und zum Geburtstag.
AntwortenLöschenLG Elke
So mache ich es mit meiner 'besten' Schulfreundin auch. Das heißt, wir telefonieren dann immer und wir besuchen uns auch mindestens einmal im Jahr. Solche Freundschaften, die über einen so langen Zeitraum Bestand haben, sind wirklich wertvoll. - Ganz lieben Dank für deinen Besuch und den Kommentar. Martina
LöschenMir geht es auch so, wie dem kleinen Schäfchen ;-), denn auch ich möchte, dass die Beiden sich wiedersehen. Meine langjährige Freundin wohnt leider auch etliche hundert Kilometer von mir entfernt. Beide sind wir umgezogen, zwar in die gleiche Richtung, aber trotzdem trennen uns soooo viele Kilometer. Wir schreiben und telefonieren und freuen uns, wenn Corona überstanden ist, damit wir uns endlich treffen und in den Arm nehmen können.
AntwortenLöschenLG
Astrid
Liebe Astrid, meine Freude ist riesig, dass du bei mir gelesen und einen Kommentar hinterlassen hast. - Hab Dank und ganz liebe Grüße hin zu dir!
LöschenMartina