Als Katrin das Haus betrat wurde sie von einem verführerischen
Duft empfangen, so dass sie schnellen Schrittes Richtung Küche lief.
Oma stand mit geröteten Wangen vor dem heißen Backofen und entnahm ihm
ein Blech wohlriechender Kekse.
„Hmmmm, wie das duftet!“, schwärmte Katrin und fügte eine Frage an: „Gibt
es bei dir zufällig einen leckeren Tee für die Lieblingsenkelin und vielleicht noch
ein paar dieser wunderbaren Kekse dazu?“
„Du bist und bleibst ein Schelm“, antwortete Oma und freute sich, dass
ihre Enkelin ein paar Minuten ihrer wertvollen Zeit mit ihr verbringen wollte.
„Natürlich gibt es einen Tee bei mir und die Kekse dort hinten sind schon
abgekühlt, wenn du sie probieren …“
Zu spät. Die ersten Kekse waren längst in Katrins Magen verschwunden.
„Die sind echt lecker“, nuschelte sie mit vollem Mund.
Oma schüttelte nur den Kopf. Ihre Katrin. Groß war sie geworden, ein
echter Teenager, doch manchmal war sie noch ihre Kleine. So wie in diesem
Augenblick.
Bald darauf saßen die beiden bei einer Tasse Tee am Küchentisch und
Katrin erkundigte sich, ob Oma die Kekse zum Verschenken gebacken hatte.
„Gewiss! Im Sommer hab ich schon Marmelade gekocht und einen Likör
angesetzt, den ich verschenke und für ganz besonders liebe Menschen habe ich
noch … oh, jetzt hätte ich mich fast verplappert.“
Katrin wusste dennoch, was Oma fast herausgerutscht wäre. Da sie gewiss
zu Omas Lieblingsmenschen gehörte, würde sie bestimmt auch wieder ein Paar Socken
ergattern. Die bunt Geringelten mochte sie am liebsten. Aber das wusste Oma
natürlich.
„Ach Omi, du hast bald alle Geschenke beisammen und ich noch nicht einmal eine Idee; dabei steht schon bald der 3. Advent vor der Tür. Mir fehlen
einfach die Ideen für kreative Geschenke. Eigentlich weiß ich überhaupt nicht,
was ich schenken soll und so viel Geld hab ich ja auch nicht.“
„Ach Katrin, als ob es auf den Preis ankäme. Du weißt doch, das
Geschenke, die von Herzen kommen, einen viel größeren Wert haben, als die, die
ohne Liebe ausgesucht und verschenkt werden.“
„Ja, das ist mir schon klar. Aber mir fehlen einfach die Ideen“,
wiederholte sie sich.
„Dann würde ich folgendes vorschlagen. Du sagst, wen du beschenken
möchtest und wir überlegen uns gemeinsam etwas für diese Person.“
„Na, da wäre als Erstes meine Freundin Jessi. Was könnte ich der
schenken?“
Oma überlegte, bevor sie fragte: „Gibt es etwas, was du an Jessi ganz
besonders toll findest? Was macht sie als Person aus? Was schätzt du ganz
besonders an ihr? Was bewunderst du an ihr? Wofür bist du ihr dankbar?“
„Dazu müsste ich mir Gedanken machen“, erwiderte Katrin. „Aber ich
verstehe nicht, was das mit einem Geschenk zu tun haben soll.“
„Ich erinnere mich, dass ich es irgendwo als Geschenkidee gelesen habe,
dass man einem Menschen, der einem wichtig ist, ein Wertschätzungskärtchen
schreiben könnte. Du könntest dafür eine Karte besonders hübsch gestalten und
in die Mitte schreibst du alles, was du an deiner Freundin ganz besonders magst.
All das, wofür du dankbar bist und was sie so besonders macht.“
„Das ist mega, Omi. Das wird Jessi ein Lächeln ins Gesicht zaubern.“
„Das denke ich auch. So, nun weiter. Wer soll noch ein Geschenk
bekommen?“
„Mama auf jeden Fall!“
„Mama mag doch diesen neuen Stil. Wie heißt er noch?“
„Vintage, Omi!“
„Ja, genau. Geh doch am Samstag auf den Flohmarkt, kauf dort etwas Originelles
und dann mach dich selbst ans Werk und hübsch es auf. Vielleicht eine alte
Lampe oder Vase. Da wirst du bestimmt etwas Schönes finden und dann lässt du
deiner Kreativität freien Lauf.“
„Okay! Und was soll ich Papa schenken?“
„Du machst doch ständig mit deinem Smartphone Fotos. Schenk ihm doch
einfach eine Collage deiner schönsten Bilder. Darüber würde er sich bestimmt
freuen.“
„Du hast echt gute Ideen. Toll. Das mach ich.“
„Und, gibt es noch jemanden, der beschenkt werden soll?“, fragte Oma spitzbübisch.
„Nein, sonst fällt mir niemand ein“, frotzelte Katrin. Aber das war natürlich
geflunkert. Oma wollte sie schon auch beschenken. Aber die sagte immer, dass
sie alles hat und sich nichts mehr wünscht, als mit ihrer Familie ein
harmonisches Weihnachtsfest zu verbringen. Aber irgendetwas, das Oma ein
Lächeln ins Gesicht zaubern würde, wäre schon toll.
Ein paar Tage später hatte sich Katrin in ihrem Zimmer eingeschlossen.
Die Karte für ihre Freundin war fertig und einfach zauberhaft geworden. Die
Collage für Papa auch. Jetzt war sie dabei, eine Vase für Mama zu verzieren und
danach würde sie sich an das Geschenk für ihre Oma machen.
Am Heiligen Abend saß die ganze Familie beisammen. Das Essen hatte allen
gut geschmeckt und die Geschenke waren so gut wie ausgetauscht und hatten
Freude bereitet. Auch Oma war beschenkt worden. Nur das Geschenk von Katrin,
das fehlte noch.
„Omi, ich hab für dich auch noch ein Geschenk“, sagte Katrin und übergab
ein mit einem roten Schleifenband verziertes und zu einer Rolle aufgedrehtes
Blatt Papier.
Oma nahm es an sich, entfernte die Schleife und begann, zu lesen, was
Katrin darauf geschrieben hatte. Doch es war kein Lächeln, das sie ihr damit
ins Gesicht zauberte. Omas Augen wurden ganz feucht und glänzten noch mehr, als
zuvor.
„Danke, liebe Katrin. Eine größere Freude hättest du mir gar nicht machen
können.“
„Und“, fragte Mama neugierig, „was hat sich unsere Tochter für dich einfallen
lassen?“
„Nun, ich möchte sagen“, antwortete Oma etwas verlegen, „sie hat mir einen
Liebesbrief geschrieben.“
© Martina Pfannenschmidt, 2019
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Guten Morgen liebe MArtina,
AntwortenLöschenherzlichen Dank für eine wieder so schöne GEschichte!
Ich lese immer so gern mit, auch wenn gerade alles ein wenig hinterherhinkt bei mir ... die Adventszeit ist irgendwie immer so voll gepackt, auch wenn ich immer versuche vorzuarbeiten *lach*
Ich wünsche Dir einen schönen und freundlichen Wochenteiler!
♥️ Allerliebste Grüße,Claudia ♥️
Ja, es ist schon so, liebe Claudia, dass sich kaum jemand dem entziehen kann, dass die Adventszeit in jedem Jahr wieder so 'voll gepackt' ist - oder erscheint. Mir kommt es immer so vor, als liege in dieser Zeit etwas 'in der Luft'. - Die Adventszeit ist, wie keine andere Zeit im Jahr, eine 'besondere Zeit', der man sich irgendwie nicht entziehen kann. Man kann nur versuchen, all dem, was wir Menschen in ihr 'veranstalten', etwas zu entfliehen. Danke für den Kommentar und liebe Grüße! Martina
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