Reizwörter: Frühling, Luft, bunt, übermütig, glücklich
Übermütig hüpfte
Tine mit ihren quietschgelben Gummistiefeln an den Füßen über die Wiese hinter
ihrem Haus.
Endlich, endlich hatte es
aufgehört zu regnen und endlich war es so warm, dass sie weder eine dicke
Jacke, noch eine Mütze oder gar Handschuhe benötigte.
Diesen Zustand genoss sie mit
weit ausgebreiteten Armen, während sie sich tanzend im Kreis drehte.
Als sie ein paar
Gänseblümchen auf der Wiese sah, blieb sie stehen, um sie zu zählen. Eins,
zwei, drei … zehn! - Es waren tatsächlich zehn Gänseblümchen, die auf einer
Fläche blühten, die so groß war wie ihre Schuhsohle.
Das fand Tine super, weil sie
von Papa wusste, dass das ein deutliches Zeichen für den Frühling ist. Es müssen aber mindestens 10 Gänseblümchen auf dieser
Fläche sein.
Ja, es war Frühling. Das war
deutlich zu riechen, zu hören und vor allen Dingen zu sehen. Die Luft war mild und Tine atmete tief ein
und wieder aus. Glücklich lief sie
weiter, hin zu dem Beet, auf dem alles bunt
zu blühen begonnen hatte.
Zwar konnte sie die Blumen
nicht mit Namen benennen, aber das war gar nicht wichtig. Die Hauptsache war
doch, dass sie blühten und vom Frühling erzählten.
Was Tine nicht bemerkte:
Hilde, eine ältere Dame aus dem Nachbarhaus, saß an ihrem Küchenfenster und
beobachtete sie.
Die ältere Frau freute sich
über das ausgelassene Treiben der Kleinen und dachte an ihre eigene Kindheit
zurück. Ihr kam in den Sinn, dass man früher weder ein Handy, noch ein Telefon
benötigte, um sich zu verabreden. Man ging einfach nach draußen und da traf man
auf alle Kinder, die in der Nachbarschaft wohnten.
Heute ist das anders. Es
leben aber auch viel weniger Kinder hier und die etwas Älteren, die sieht man
kaum noch im Garten und wenn, dann schauen sie garantiert auf ihr Handy. Sie
würden wahrscheinlich nicht einmal bemerken, dass die Blumen wieder blühen,
dachte Hilde.
Sie wusste, dass Tine
inzwischen die vierte Klasse besuchte. Bald würde sie also die Schule wechseln
und dann dauerte es nicht mehr lange, und sie bekäme ein Tablet, um darauf ihre
Hausarbeiten zu erledigen. Das wusste Hilde von ihren eigenen schon fast
erwachsenen Enkelkindern, dass es heute so ist.
Hilde schmunzelte. Sie hatte
auch ein Tablett. Aber sie tippte nicht darauf herum, sondern sie brauchte es
in der Küche für ihr Geschirr.
Es war für sie kaum
vorstellbar, dass man heute Bücher auf einem Tablet liest oder gar Spiele
spielt. Wie sehr sich die Welt verändert hat.
Sie war in ihren ersten zwei
Schuljahren noch mit einer Schiefertafel zur Schule gegangen. Die Tafel wurde
mit einem Griffel beschrieben und wenn sie vollgeschrieben war, kontrollierte
die Klassenlehrerin es und die Schüler wischten alles mit einem feuchten
Schwämmchen und einem trocknen Tuch wieder weg.
Ihre Mutter hatte ihr
eingeschärft, sorgsam mit der Tafel umzugehen, da sie leicht kaputtgehen
konnte. Ihre war aber heil geblieben.
Heute schüttelte sie den Kopf
darüber. Eine Schiefertafel. Ob die Kinder überhaupt noch wussten, was das ist?
Eigentlich war Hilde eine
moderne Frau und Oma, doch ihr bereitete der Anblick von Jugendlichen, die mit
Stöpseln in den Ohren schweigend nebeneinander her liefen, schon ein bisschen
Bauchweh.
Früher war gewiss nicht
alles besser. Oh nein! Aber eines war besser: Man hat sich mehr miteinander
unterhalten und es gab nicht so viel Langeweile, wie heute.
Klar, viele Kinder
bedeuteten damals viele Spielkameraden und alle brachten Ideen mit oder man hat
sich neue Spiele ausgedacht.
Dort, wo Hilde
aufgewachsen war, hatte es eine Kiesgrube gegeben. Das war ein idealer
Spielplatz gewesen. Aber auch der nahe gelegene Bach eignete sich hervorragend
zum Spielen oder auch ein Rohbau. Manchmal versteckten sie sich auch einfach
nur in den Gräben neben den Feldern.
Das alles würden die
Eltern heute gar nicht mehr erlauben, dachte sie und auch nicht, dass die
Kinder alleine in den Wald gehen, um Walderdbeeren, Heidelbeeren oder Pilze zu
sammeln.
Allerdings muss man
fairerweise sagen, dass es damals auch noch nicht so viele Autos gab und es gab
auch keine Hinweisschilder, auf denen man lesen konnte: „Das Betreten des
Rasens ist verboten!“ oder „Eltern haften für ihre Kinder!“
Hildes Gedanken gingen
noch einmal zurück zu ihrer Schulzeit.
Damals saß man noch nach
Geschlechtern aufgeteilt in der Klasse. Auf der einen Seite des Raumes die
Jungs und auf der anderen die Mädchen. So war es früher wirklich und wenn der
Lehrer den Raum betrat, stand man auf und begrüßte ihn freundlich.
Damals meldete man sich
als Schüler noch gesittet und wenn man aufgerufen wurde, stand man auf, um
seine Antwort zu geben. Wenn sie den neuzeitigen Filmen Glauben schenkte, dann
lümmelten die Schüler heute auf ihren Stühlen herum und riefen oftmals die
Antwort einfach in den Raum hinein.
Als Hilde ein Kind war,
hatte es noch die Volksschule gegeben, die man im Alter von 14 Jahren verließ,
um in den Beruf zu gehen.
Und eines war gewiss auch
anders, als heute: Die Kinder gaben keine Widerworte, weil sie viel strenger
erzogen worden waren, als das heute der Fall ist.
Aber leider gab es auch
die Prügelstrafe. Nicht nur zu Hause, sondern auch in der Schule oder im
kirchlichen Unterricht. Das alles ist heute Gott sei Dank vorbei.
Was auch anders war:
Lebensmittel waren kaum in Plastik verpackt und vor allen Dingen wurden sie
nicht achtlos weggeworfen.
Auch die Teller mussten
immer leer gegessen werden. Egal, ob es schmeckte, oder nicht. Aber das war
gewiss den schlechten Kriegszeiten geschuldet, in denen man froh war, wenn man
überhaupt etwas zu essen hatte.
Als Hildes Blick wieder zu
Tine schweifte, dachte sie über die Unterschiede in der Kleidung nach. Heute
laufen die Mädchen meistens in Hosen herum. Das war früher auch anders. Da
trugen sie Röcke oder Kleidchen. Manchmal sogar mit einer Schürze, um das gute
Kleid zu schützen.
Eine ganz besondere
Erinnerung kam Hilde in den Sinn, als sie an das bevorstehende Osterfest
dachte. Dann durfte sie nämlich meistens zum ersten Mal im Jahr weiße Kniestrümpfe
tragen. Das war etwas ganz Besonderes für sie gewesen.
Ja, die Zeiten ändern sich
und man tut gut daran, nicht immer nur mit seinen Gedanken in der Vergangenheit
zu verharren. Doch manchmal ist es einfach nur schön, sich zu erinnern.
© Martina Pfannenschmidt,
2020
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Guten Morgen liebste Martina,
AntwortenLöschenwas für eine schöne Geschichte! Beim lesen kamen mir auch ganz viele Erinnerungen! Die weißen Sonntagsstrümpfe oder das Kittelschürzen überm Kleidchen ...da stelle ich immer wieder fest : was bin ich glücklich, daß ich eine so schöne und glückliche Kindheit erleben durfte!
Ich wünsche Dir einen schönen und guten Tag!
♥️ Allerliebste Grüße und bleib gesund,Deine Claudia ♥️
... und sie prägt unser ganzes Leben, wie ich finde. In der Kindheit wird doch schon viel 'angelegt', was uns im späteren Leben ausmacht. - Danke für deinen Besuch und den Kommentar und ganz liebe Grüße hin zu dir! Martina
Löschenhach
AntwortenLöschenwas für eine feine Geschichte
ja.. genau so habe ich es auch erlebt
wie frei und ungezwungen sind wir doch groß geworden
ich habe mittags die Gabel in den Teller gelegt.. schnell die Aufgaben gemacht..dann war ich bis abends verschwunden ;)
meine Eltern hätten nicht mal gewußt wo ich bin ..
alleine im Wald oder mit den anderen Kindern gespielt
danke für die Erinnerungen
liebe Grüße
Rosi
Genau das sind auch meine Erinnerungen. Die wollte ich einfach nur mal mit euch teilen. - Sonnige Grüße! Martina
LöschenWas für schöne Erinnerungen da wach werden, liebe Martina! Genau so wie du es schreibst, war es auch bei uns!
AntwortenLöschenDanke für diese schöne Erinnerungsgeschichte!
Herzliche Grüße
Regina
Sehr gerne, liebe Regina! Unsere Kindheit war toll. Ich möchte sie auch nicht missen. - Liebe und sonnige Grüße! Martina
LöschenMartina was für eine tolle Geschichte, das Mädchen das sich so über den Frühling freut und dann die Erinnerungen der hilde, die auch meine sein könnten.
AntwortenLöschenGlücklich die Menschen, die eine schöne Erinnerung an ihre Kindheit haben.
Ganz liebe Grüße, Lore
Das ist wohl wahr. - Wenn die Erinnerungen schön sind, erinnert man sich auch gerne. - Liebe Grüße! Martina
LöschenJa genau, an manche Sachen kann ich mich noch ganz genau erinnern. Ich hoffe, ich kann eines Tages meinen Enkeln davon erzählen.
AntwortenLöschenLG Elke
Nächste Woche soll es ja richtig warm werden. Dann klappt das vielleicht mit den weißen Kniestrümpfen zu Ostern. :-)
LöschenDanke für den Besuch und deinen Kommentar und LG
Martina