Mittwoch, 30. März 2022

Erdenkind mit Engelflügeln

Reizwörter: Pfoten, Pfütze, pflücken, pflegen, pfeffrig

(Pf)öllig (pf)errückt, diese Reizwörter. 😁- Mal schauen, welche Geschichten Lore und Regina dazu einge(pf)allen sind: 😃

Kunibert lag bäuchlings auf seiner Wolke und schaute von oben herab auf die Erde und die Menschen, die darauf leben. Seine Wolke war weiß. Schneeweiß. Es war so eine, aus der es niemals regnet, sondern es war eine wunderbar weiche Schönwetterwolke, die beständig über den Himmel zog.

Kunibert, der von seinen Freunden kurz Kuni genannt wurde, beobachtete gerade einen Jungen, der mit seinem Hund einen Spaziergang machte. Vor ihnen lag eine große Pfütze, durch die der weiße Hund mit seinen vier Pfoten völlig unbedarft stapfte.

Kuni freute sich diebisch, als der kleine Bengel begann, übermütig in ihr herum zu springen, so dass die schmutzigen Tropfen in alle Richtungen stieben und der kleine Hund nun aussah wie ein zu kurz geratener Dalmatiner.

Ein Mensch zu sein, das musste toll und etwas ganz Besonderes sein. Menschenkinder durften so viele Abenteuer erleben, wohingegen Engel tagein und tagaus auf ihren Wolken saßen und es ihre einzige Aufgabe war, Liebe auszusenden.

Klar traf er sich manchmal mit befreundeten Engeln. Am liebsten mit Rosalie, aber soviel erleben wie die Menschen, konnten die zwei himmlischen Wesen nicht.

Kuni kannte weder Dunkelheit, noch Unfrieden. Dort wo er lebte, war es stets licht- und liebevoll. Und doch. Die andere Seite einmal kennen zu lernen und zu erleben, schien ihm durchaus aufregend.

Während er tief durchatmete und sich an die Seite des Jungen träumte, um mit ihm gemeinsam Abenteuer zu bestreiten oder einfach nur Blumen am Wegesrand zu pflücken, hörte er plötzlich laut und unmiss-verständlich seinen Namen. Jemand rief nach ihm. Er konnte es deutlich hören: „Kunibert!“

„Ja!“, antworte er kleinlaut, da die Stimme etwas Gewaltiges hatte.

„Wie mir zu Ohren gekommen ist, wünscht du dir, auf die Erde zu gehen und ein kleiner Junge zu sein?!“

„Ja. Das stimmt. Manchmal wünsche ich mir das schon.“

„Gut, dann werde ich dir diesen Wunsch erfüllen.“

Noch bevor Kuni widersprechen konnte, befand er sich bereits mitten in einem dunklen, schlauchartigen Bereich. Er konnte sich gar nicht richtig bewegen, so eng war es dort. Er fühlte sich wie eingequetscht. Wo war er denn nur hin geraten? Gerade eben hatte er doch noch gemütlich auf seiner Wolke gelegen und nun?

Genau in dem Moment, in dem er laut um Hilfe rufen wollte, wurde es heller um ihn herum, ja es war regelrecht grell. Einem solchen gleißenden Licht war er noch nie ausgesetzt gewesen, weshalb er lautstark zu schreien begann.

Hände griffen nach ihm, gaben ihm bald darauf eine pfeffrig schmeckende Flüssigkeit auf die Zunge, schleuderten ihn von rechts nach links, untersuchten seine Arme, Beine, Hände, den Kopf!

Aber Moment einmal. Hier stimmte doch etwas nicht?! Wieso hatte er plötzlich Hände, Füße, einen Körper? Nein!!! Er war doch nicht wahrhaftig zu einem Menschenkind geworden?

Nachdem man ihm etwas Warmes angezogen hatte, wurde er in die Arme einer Frau gelegt, die er nie zuvor gesehen hatte. Aber diese Frau umfing etwas, das ihm bekannt war: Liebe! Da war sie wieder, die Liebe, die er nach so kurzer Zeit bereits vermisst hatte.

„Schau nur, wie ein kleiner Engel“, flüsterte die Frau einem Mann mit Bart zu, der plötzlich über Kunis Gesicht erschien und ihn interessiert beäugte.

„Ich BIN ein Engel!“, wollte er laut rufen. Doch das war ihm nicht möglich. Außer ein paar glucksenden Lauten kam kein Wort aus seinem Mund. Wie sollte er bitte auf der Erde überleben, ohne sprechen zu können? Panik stieg in ihm auf.

Gerade in dem Moment, in dem er wieder zu schreien beginnen wollte, erschien ein weiteres Gesicht über ihm und es war ihm sehr wohl bekannt.

„Schau nur“, verriet die Frau mit der weichen und liebevollen Stimme dem Jungen über ihm, „das ist Jona, dein kleiner Bruder!“

Wie jetzt? Kunibert versuchte, seine Augen ein klein wenig mehr zu öffnen. Er war tatsächlich der kleine Bruder von dem Jungen, den er gerade noch von seiner Wolke aus beobachtet hatte? Das konnte doch nicht sein! Und einen anderen Namen hatte man ihm auch gegeben?! Augenblicklich begann Kuni erneut und lauter als je zuvor zu schreien: „Nein! Ich habe es mir noch einmal überlegt. Ich will sofort zurück auf meine Wolke! Ich möchte doch kein Menschenkind sein!“

„Kuni, Kuni!“

Jemand rüttelte an ihm.

„Was ist los mit dir?“, fragte eine ihm bekannte Stimme. „Du hast gerade laut geschrieen. Warst du eingeschlafen und hast schlecht geträumt?“

Kunibert sprang sogleich auf. Er sah an sich herunter, bewegte seine Flügel und vollführte so etwas, wie einen Freudentanz mitten auf seiner weichen Wolke.

„Kannst du mir mal sagen, was mit dir los ist?“, fragte Rosalie, das äußerst bezaubernde kleine Engelmädchen, erneut.

„Ich“, stotterte dieser, „ich war kurz auf der Erde!“

„Nein, das ist unmöglich!“

„Doch, ganz bestimmt. Ich war für einen kurzen Augenblick auf der Erde. Man gab mir den Namen Jona und ich hatte einen großen Bruder.“

„Du spinnst. Wir können nicht mir nichts, dir nichts auf die Erde gehen“, war Rosalie sicher.

„Doch, glaub mir, ich war gerade dort. Aber jetzt bin ich unglaublich froh, wieder hier bei dir und auf meiner Wolke zu sein. Ich muss sagen, im Himmel gefällt es mir doch ein bisschen besser, als auf der Erde.“

„Na, dann komm, du Erdenkind mit Engelflügeln. Wir haben noch etwas zu erledigen.“

„Was denn?“

„Heute ist Samstag, Kuni. Da treffen sich nach alter Tradition alle Engel, um ihre Flügel zu pflegen. Hast du das etwa vergessen?“

 

© Martina Pfannenschmidt, 2022

 

 

Diese Geschichte nimmt an Elkes 'froher und kreativer Linkparty' teil.

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2 Kommentare:

  1. So viel Freude hat mir deine Geschichte heute schon gemacht, liebe Martina,
    zum Frühstück solche Geschichten zu lesen, ist viel besser, als sich über die Nachrichten der Tageszeitung zu ärgern. Sollte ich immer so machen. Auf jeden Fall ist die Geschichte zauberhaft und bringt Freude, danke dafür!
    Liebe Grüße
    Regina

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    1. Dankeschön, liebe Regina! Das ist schon ein bisschen verzwickt, weil man einerseits natürlich informiert sein möchte über das, was in der Welt geschieht. Andererseits wird man durch all die dunklen Energien auch echt nach unten gezogen. Ich bemühe mich immer, mich im Laufe eines Tages auch ganz bewusst den hellen und freundlichen Dingen, die mir begegnen, zuzuwenden. Und da gehörten heute eure Geschichten in jedem Fall mit dazu. LG Martina

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