Reizwörter: Praline, Glas, zittern, kunterbunt,
beliebt
Auch bei Regina könnt ihr eine Geschichte mit den obigen Reizwörter lesen. Lore pausiert noch einmal.
Bevor die Praline, die Hannah gerade aus der
Schachtel geangelt hatte, in ihrem Mund verschwand, legte sie diese auf ihren
Finger und betrachtete sie.
„Entzückend, diese kleinen
Pralinchen. Wie kriegen die das nur hin?“, fragte sie verschmitzt.
Oma ging sofort darauf ein
und erwiderte schmunzelnd: „Na, mit ganz viel Fingerspitzen…gefühl!“
„Ist das nicht krass“,
meinte Hannah, „wie sehr uns die Werbung beeinflusst.
„Ja, das ist so. Man kann
sich dem ja kaum entziehen. Überall begegnet sie uns und lenkt unser Kaufverhalten.
Oft ist uns das nicht einmal bewusst.“
„Stimmt!“
„Ich glaube, wer am
Freitagabend einkaufen geht, wird unbewusst zu einer ganz bestimmten
Joghurtmarke greifen, nur um genau so harmonisch ins Wochenende zu starten, wie
die Familie aus der Werbung.“
„Ja, das kann ich mir auch gut
vorstellen. Vielleicht ist die Marke ja auch nur aufgrund der Werbung so beliebt.“
„Es gibt ja wirklich Werbesprüche,
die sehr einprägsam sind. Und wer zum Beispiel so bleiben will, wie er ist, ja
der greift zu dem Produkt, das er damit assoziiert“, meinte Oma.
„Genau! Und wer einen netten
Nachbarn hat, so wie ich, der möchte natürlich auch, dass es mit ihm klappt“, flachste
Hannah.
„Und wer möchte kein Auto“,
fiel Oma ein, „das läuft und läuft und läuft.“
„Ja, ja, nichts ist
unmöglich“, erwiderte Hannah. „Außerdem war es ja schon immer etwas teurer,
einen guten Geschmack zu haben.“
„Das ist wirklich erschreckend,
wie viele Werbesprüche wir sofort abrufen können“, sagte Oma bestürzt. „Aber
wir werden ja noch auf andere Art und Weise manipuliert. Nicht nur durch Bilder
und Worte, sondern auch durch Gerüche und Farben, die gezielt eingesetzt werden
…“
„… und in jedem Fall auch
durch Musik“, fiel Hannah Oma ins Wort und sang sogleich los: „Ich mag das
Schöne dieser Welt, mag den Wind im Roggenfeld, mag es, wenn der Tag erwacht
und die Sonne dazu lacht.“
„Allerorten heile Welt“, entgegnete
Oma und erinnerte sich an die Zigarettenwerbung aus früheren Tagen, die auch
eine heile Welt vorgaukelte.
„Entsinnst du dich noch an
den Satz ‚Wer wird denn gleich in die Luft gehen?‘“, fragte Oma, „und an das Werbe-Männchen,
das alle Aufgaben erfolgreich löste, nachdem es zu einer bestimmten
Zigarettenmarke gegriffen hatte?"
Hannah schüttelte den Kopf.
„Nee, daran habe ich keine Erinnerung mehr.“
„Ja, die kunterbunte und intakte Welt, die uns die Werbung da vortäuscht.
Wer möchte nicht darin leben und ein Teil davon sein?“
„Also ich möchte in jedem
Fall keine Marionette der Werbeindustrie sein“, ereiferte sich Hannah.
Oma freute sich: „Das ist ein
gutes Ziel. Und es ist ja nicht nur die Werbung, die manipuliert, oft begegnen
uns in unserem Alltag ja auch manipulative Menschen und wir merken es nicht
einmal, wenn sie geschickt genug vorgehen.“
„Ich möchte meine
Entscheidungen aber frei treffen können und ich möchte nicht, dass jemand auf
mich Einfluss nimmt. Und schon gar nicht verdeckt“, ereiferte sich Hannah.
„Glaub mir, das ist oft gar
nicht so einfach, das aufzudecken“, wusste Oma. „Auch in meinem Leben gab es
Menschen, die versucht haben, mich zu manipulieren. Das waren oftmals Personen,
die mir Geschichten erzählt haben, die sich im Nachhinein als falsch herausstellten.“
„Ich glaube auch, dass
manipulative Menschen im Lügen geübt sind“, erwiderte Hannah. „Aber ich muss
sagen, ich erkenne Lügen ziemlich schnell. Und wenn sich jemand lange
rechtfertigt, fahre ich sofort meine Antennen aus.“
Oma schmunzelte über ihre
Enkelin. Auch sie schien schon einige Lebenserfahrungen gesammelt zu haben.
„Und du musst auf Menschen
mit übertriebenem Charme aufpassen“, riet Oma. „Wenn dir jemand zum Beispiel
ein Kompliment macht und dich anschließend um etwas bittet, sollten deine
Alarmglocken ebenfalls läuten, und wenn du merkst, dass du ständig um einen
Gefallen gebeten wirst, solltest du auch mal mit einem ‚Nein‘ reagieren.“
Hannah nahm sich vor, Omas
Ratschläge zu beherzigen.
Anschließend griff Hannah
nach ihrem Glas. Auch wenn es nur Mineralwasser enthielt, hielt sie es ihrer
Oma entgegen: „Prost Omilein!“
„Mit Gänsewein? Das können
wir doch besser, oder?“
Schon verschwand sie im Haus und
kam bald darauf mit zwei Sektgläsern, in denen köstlicher Schaumwein perlte,
zurück auf die Terrasse. Über ihrem Arm lag eine kuschelige Wolldecke, die sie Hannah überreichte.
„Ich kenne doch meinen kleinen Frostköttel“,
meinte sie dabei liebevoll, „und bevor du anfängst zu zittern und den guten Sekt verschüttest, dachte ich mir, versorge
ich dich mit einer wärmenden Decke. - Und um nochmal auf die Werbung zu
sprechen zu kommen: ‚Omas wissen halt, was ihre Enkeltöchter wünschen.“
„Genau!“, erwiderte Hannah,
„und Enkeltöchter wissen, was sie an ihren Omas haben.“
In dem Moment schaute Opa aus
der Terrassentür und fragte erstaunt: „Ihr trinkt Sekt?“
„Nicht immer, aber immer
öfter!“, antwortete Hannah ihm daraufhin und Oma fügte an: „Weil der so
herrlich hat geprickelt in meinem Bauchnabel.“
Anschließend mussten beide
laut lachen. Über ihre Sprüche und über Opas dummes Gesicht.
© Martina Pfannenschmidt, 2021
Diese Geschichte nimmt an Elkes 'froher und kreativer Linkparty' teil.
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Eine herrliche Geschichte, liebe Martina,
AntwortenLöschenund ja, ich kannte all diese Werbeaussagen, einschließlich des Männchens, das in die Luft ging!
Es ist gut, wenn wir uns nicht manipulieren lassen und unsere eigenen Entscheidungen treffen, was Vorlieben betrifft, aber gefeit sind wir davor nicht, dass es uns passieren kann!
Herzliche Grüße zum Wochenende
Regina
Auf keinen Fall sind wir davor gefeit, liebe Regina! Bei mir war es das kleine Wörtchen 'neu', das mich eine ganze Weile lang sehr zum Kaufen animiert hat. - Heute passe ich mehr darauf auf, dass ich nicht zu diesen Produkten greife. - Danke für deinen Besuch und die 'Hinterlassenschaft'. Lach! LG Martina
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