Es ist wieder Zeit für eine neue Reizwörtergeschichte - und das waren diesmal unsere Vorgaben: Kerl, Angebot,
segnen, wuschelig, fertig
Wie immer, so gibt es auch diesmal weitere Geschichten mit diesen Wörtern bei Lore und Regina zu lesen.
Ich möchte euch gerne von mir
und meinem Leben mit meinem Besitzer erzählen und das tue ich doch am besten,
bevor ich das Zeitliche segne.
Ihr merkt schon, ich habe
Humor. Den muss ich auch haben. Mein Eigentümer ist nämlich ein ziemlich spezieller
Kerl.
Ihr glaubt gar nicht, wie
viele Frauen ich schon an seiner Seite gesehen habe.
Doch bevor ich von einigen
seiner Bekanntschaften berichte, erzähle ich zunächst einmal, wie mein Besitzer
und ich überhaupt zueinander fanden. Das war nämlich so: Das Angebot an
Sofas war in diesem Möbelhaus sehr groß und so stand ich zwischen vielen meiner
Kollegen und einige sahen zugegebenermaßen um einiges besser aus, als ich in
meinem mausgrauen Anzug.
Und so kam es, dass ich eine
lange Zeit unbeachtet dort mein Dasein fristete und zwar genau bis zu dem
Moment, in dem Milo das Haus betrat. Er sah mich – und wohl auch meinen
reduzierten Preis – und schwupp die wupp nahm er mich mit zu sich nach Hause.
Ein paar Freunde hievten mich
durchs Treppenhaus in seine Wohnung. Dabei hab ich mir den einen oder anderen
kleinen Kratzer an meinen dunklen Holzbeinen zugezogen, doch wie sich
herausstellte, störte das meinen Besitzer in keiner Weise.
Damals lebte Franz-Ferdinand
noch bei ihm. Er war ein süßer kleiner Hund mit weißem, sehr wuscheligem
Fell. Natürlich durfte er es sich auf mir bequem machen. Und das tat er auch
gerne und oft.
Spätestens abends, wenn Milo auf
mir seinen Platz einnahm, setzte sich der Hund neben ihn, um sich ein paar
Streicheleinheiten abzuholen.
Okay, ich gebe es zu:
Manchmal war ich schon ein bisschen neidisch auf den Köter. Sorry: auf Franz-Ferdinand.
Für mich blieben überhaupt keine Streicheleinheiten übrig. Ich wurde nur hin
und wieder – nämlich genau dann, wenn Milo wieder einmal ein neues weibliches
Wesen zu sich in die Wohnung eingeladen hatte -abgesaugt.
Das war dann auch dringend nötig,
denn neben dem einen oder anderen Chips- oder Kekskrümel zierten mich etliche
Hundehaare. Aber das tat meiner Schönheit in den Augen meines Besitzers wohl keinen
Abbruch.
Ja, dann erzähle ich euch
doch am besten mal von der ersten Dame, die ich kennenlernen durfte und deren
Allerwertester auf mir landete.
Die junge Frau, die auf den
Namen Aurelia hörte, war zwar sehr hübsch, aber ebenso kindisch. Ständig kicherte
sie albern herum und das nervte schließlich nicht nur mich, sondern auch Milo.
Von daher gibt es über diese Dame nicht viel zu erzählen, da sie schnell der
Vergangenheit angehörte. Von daher sage ich es mit den Worten von Giovanni
Trapattoni: Ich habe fertig!
Nach ihr kam eine Dame, die
mich wirklich beeindruckt hat und über die ich mich gerne auslassen möchte.
Sie hieß Tilda und war ein
kleines bisschen verrückt. So sagte sie beispielsweise über sich, dass sie ein
Feind – räusper: eine Feindin – der lieblosen Sprache sei. Ja, da hab ich genau
so dumm aus der Wäsche geschaut, wie Milo, doch was sie dann ausführte, war echt
interessant. So riet sie ihm zum Beispiel, kurze Sätze zu formen. Allerdings
auch keine abgebrochenen, wie zum Beispiel: „Komme gleich!“ oder „Bin gleich
wieder da!“
Sie meinte, dass ihr Ich-lose,
lieblose und unvollständige Sätze ein Graus seien und dass die Menschen, die
das ‚ich‘ aus ihren Sätzen strichen, sich selbst quasi aus dem Geschehen
streichen würden.
Habt ihr darüber schon einmal
nachgedacht? Also ich nicht und mein Besitzer auch nicht.
Tilda war ebenso ein Fan von
wohltuenden Wörtern. Dazu zählte sie Wörter wie Heilung, Güte, Ehrlichkeit,
Weisheit, Geduld und Wohlwollen. Aber mal ehrlich, wie oft benutzt man sie?
Also Milo benutzt sie eher selten oder nie.
Richtig witzig fand ich auch
ihre Reaktion, als mein Besitzer meinte: „Ich gehe jetzt eine Runde joggen und
später beim Bäcker vorbei!“ Klar, jeder weiß, was gemeint ist, doch Tilda
berichtigte ihn sogleich: „Du gehst also joggen und später zum Bäcker, um dort einzukaufen?“
Ich sehe noch den dummen
Blick, den Milo ihr zuwarf, als er antwortete: „Hab ich doch gesagt!“ – Also
die Debatte, die sich anschloss, die erspar ich euch, aber diesen Satz, den Tilda
als Vergleich brachte und den man hin und wieder in Krankenhäusern hört, den
erspare ich euch nicht: „Wir haben den Patienten verlegt.“ Kicher! Hoffentlich
finden sie ihn bald wieder.
Inzwischen ist Tilda längst Geschichte
und jetzt gibt es Valentina in unserem Leben. Das ist wirklich eine ebenso außergewöhnliche
Frau mit noch abenteuerlicheren Gedanken.
Valentina denkt nämlich stets
‚im Großen‘. Also, ich meine damit, dass sie nicht nur an sich denkt und was
für sie am besten ist, sondern sie denkt darüber nach, was für die ganze Welt
das Beste wäre. Also ehrlich, so einen Menschen hatte ich vorher noch nicht
kennen gelernt.
Also eines haben sie und
Tilda gemeinsam: auch Valentina ist der Meinung, dass eine gute Kommunikation
wichtig ist. Und sie meint sogar, dass die Menschen im Moment Masken trügen sei
ein Sinnbild dafür, dass sie sich ohnehin oft hinter ihren imaginären Masken aus
Lügen verstecken würden. Diese These ist schon sehr gewagt, wie ich finde.
Allerdings hatte ich schon oft den Eindruck, dass die Menschen nicht ehrlich
miteinander umgehen. Insofern hat Tilda recht.
Übrigens gab es letztens
zwischen ihr und Milo eine Debatte, weil sie der Meinung ist, dass er viel zu
viel ‚Zeug‘ besitzt. „Willst du dich nicht irgendwann einmal von all dem
Ballast befreien?“, fragte sie ihn. „Es gibt so viele Dinge in deinem Leben,
die du gar nicht benötigst. Was meinst du, wie leicht dein Leben würde, wenn du
dich nur auf das Nötigste konzentrieren würdest.“
Mir wurde ehrlich gesagt etwas
mulmig bei dieser Aussage. Vielleicht gehöre ich in ihren Augen ja auch zu dem
Müll, der nicht benötigt wird. Aber das glaube ich eigentlich nicht. Und
außerdem: So schnell entsorgt Milo mich nicht. Schließlich sind wir zwei wie Topf
und Deckel, wie Salz und Pfeffer, wie Mond und Sterne oder wie Kino und Popcorn.
© Martina Pfannenschmidt,
2020
Diese Geschichte nimmt an Elkes 'froher und kreativer Linkparty' teil.
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Guten Morgen liebe Martina,
AntwortenLöschenes war mir eine große Freude, diese Geschichte heute morgen zu lesen. Sie hat mich amüsiert, mit einem dicken breiten Grinsen habe ich hier gesessen und gespannt gelesen, was dem Sessel noch so alles widerfahren ist. Während des Lesens entstanden Bilder in meinem Kopf, die ich nun nutzen möchte, um sie aufzuschreiben. danke!
Herzliche Grüße
Regina
Liebe Regina, ich habe keine Ahnung, warum sich diesmal ein Sessel bzw. Sofa zu Wort melden wollte. - Es ist einfach so passiert. Grins - Wie schön, wenn ich dich dadurch vielleicht zu einer weiteren Geschichte inspirieren durfte. - Danke fürs Lesen und liebe Grüße! Martina
LöschenHat nicht sogar mal eine Ziege bei dir philosophiert, hihi
AntwortenLöschenAm besten gefiel mir der Satz ihr Allerwertester auf mir landete, Kopfkino pur und breites Grinsen.
Wie immer schön geschrieben und hat mir mein Frühstück versüßt
Wünsche dir ein schönes Wochenende, eine amüsierte Lore
Wie, ich habe es komplett ohne Zucker oder Süßungsmittel geschafft, dir dein Frühstück zu versüßen?! Darauf bin ich aber mächtig stolz. :-))))
LöschenDie Reizwortgeschichte gefällt mir gut und sie hat mich zum Schmunzeln gebracht.
AntwortenLöschenDanke für den Link.
LG Elke
Liebe Martina, was man doch alles mit Sinn zum Reden bringen kann. Ich musste so lachen, bei der Vorstellung , der Damen die auf dem Sofa Platz nahmen. Oha, da hätte ja noch einiges zusammenkommen können. So ein Sofa macht doch plümmerig. Eine schöne Inspiration ist da über Dich gekommen, toll und gut geschrieben, alle Reizwörter vorhanden.
AntwortenLöschenLiebe Grüsse zu Dir, bleibe gesund, Klärchen
:) :) :) Was so ein Sofa alles erzählen kann,ich bin fast vom Stuhl gekippt vor Lachen.
AntwortenLöschenSchöne Wochenende liebes Klärchen.
Mit fröhlichem Gruß,
Helga
Oh Martina meinte ich, Entschuldigung.
AntwortenLöschenhihi
AntwortenLöschenja was ein Sofa so zu erzählen wüßte
nur gut dass die meisten schweigen :D
eine amüsante geschichte
liebe Grüße
Rosi