Sonntag, 29. September 2019

Intuitiv


Bevor ihr die folgende Geschichte lest, möchte ich einen kleinen Hinweis geben. – Bei all meinen Geschichten war es bisher so, dass sie ‚gewachsen’ sind. Zuerst war ein kleiner Gedanke da, der reifte und irgendwann hab ich mich dann an den Laptop gesetzt und eine Geschichte daraus gebastelt.
Doch vor ein paar Tagen kam ich auf eine Webseite, auf der ich folgendes las:

1.                             Du kannst auch ohne einen bestimmten Grund aufschreiben, was in Dir ist und gern niedergeschrieben werden mag. Schreiben ist Kunst. Das bedeutet, sie ist gut so wie sie ist. Alles, was aus Dir heraus möchte, ist perfekt. Es braucht dabei keine Bewertung und kein Urteil. Keine Erklärung und keine Rechtfertigung. Nicht von Fremden, ebenso wenig von Dir selbst.
2.                             Denk immer daran: Es ist nur für Dich! Was auch immer Du schreibst, in welchem Wortlaut Du schreibst, in welchem Stil, mit welchen Rechtschreib- oder Grammatikfehlern auch immer. Es ist ausschließlich für Dich. Trau Dich. Gib Deiner Intuition eine Stimme und schreib, ohne nachzudenken, einfach drauf los. Lass fließen, was fließen will und fließen muss.

Und das ist dabei heraus gekommen. - Auch wenn sie (eigentlich) nur für mich ist, so möchte ich die Geschichte doch mit Euch teilen J:

Emilia öffnete die Tür und betrat den kleinen Wohnraum. Ihren Schirm hängte sie an einen Haken, der sich hinter der Tür befand. Das Wasser, das aus dem Schirm tropfte, bildete sogleich eine große Pfütze auf dem Fußboden.
„Meine Güte, was ist das bloß für ein Wetter heute“, schimpfte sie, während sie ihre Jacke auf einen weiteren Haken hängte.
„Hab ich dir ja gleich gesagt“, wusste Hannes, ihr Mann, „für heute haben sie Sturm und Regen angesagt.“
„Ja, ja! Du und deine Wetterprognosen. Immer haben die auch nicht recht.“
„Aber heute!“, beharrte Hannes.
„War ganz schön was los auf dem Maisfeld“, fuhr Emilia fort, „aber schau, ich habe reichlich Beute gemacht.“
Sie öffnete ihre Einkaufstasche und ihr Mann blickte wohlwollend hinein.
„Wirklich! Da haben wir wieder für ein paar Tage etwas zu essen.“
Emilia ärgerte sich: „Und, wann gedenkst du, aufzustehen und uns Vorrat für den Winter zu besorgen?“
„Morgen“, erwiderte er, „oder übermorgen. Wenn das Wetter wieder besser wird.“
„Und wenn es gar nicht mehr besser wird? Sollen wir dann verhungern?“
„Ach, mein lieber Schatz, wo bleibt dein Gottvertrauen? Er wird schon dafür sorgen, dass wir nicht verhungern.“
„So, wird er das?“
„Ja, wird er!“
„Das ist Blödsinn, Hannes. Und das weißt du auch. Keinem fliegen die gebratenen Tauben einfach so in den Mund. Auch den Menschen nicht.“
„Du immer mit deinen Sprüchen. Die Vögel legen sich auch keinen Wintervorrat an und weißt du was: Die Menschen füttern sie.“
„Und darauf hoffst du, dass sie uns auch füttern, oder was? Vergiss es. Kein Mensch füttert eine Feldmaus. Das habe ich im Leben noch nicht gehört.“
„Wir können es ja mal auf einen Versuch ankommen lassen. Lass dich überraschen, was uns erwartet. Vielleicht bekommen wir viel bessere Dinge, als wenn wir uns selbst auf die Suche machen.“
„Darauf verlasse ich mich lieber nicht. Also, mein Lieber, entweder du machst dich morgen, wenn der Sturm nachgelassen hast, auf den Weg, oder …!“
„Was oder? Oder du verlässt mich oder was?“
„Oder … Ich weiß auch nicht. Nein, ich will dich doch gar nicht verlassen, aber manchmal bist du wirklich schwierig. Ich habe ja Vertrauen …“.
„… aber nicht in mich und auch nicht in Gott“, fiel Hannes ihr ins Wort. „Ich sage dir mal was, mein Liebes. Wir sind doch nicht hier auf der Welt, um uns zu zanken und zu plagen. Er wird schon für uns sorgen, wenn wir Vertrauen haben. Also, ich möchte das durchaus mal ausprobieren.“
Emilia war außer sich. Dieser Typ ging ihr manchmal echt auf die Nerven. Also gut, dann müsste sie eine Entscheidung treffen. Entweder müsste sie ausziehen und sich alleine durchschlagen oder sie müsste wieder zurück zu ihren Eltern ziehen. Aber diese Schmach wollte sie sich nicht antun. Aber da war ja auch noch Jakob, der sich immer sehr um sie bemühte. Ob der etwas für sie war? Vielleicht war der nicht so stur wie ihr Hannes. Ob sie dem mal schöne Augen machen sollte? Ob das der richtige Weg wäre?
Viel Zeit blieb ihr nicht mehr. Der Herbst war da und der Winter stand vor der Tür. Es wurde Zeit, sich zu bevorraten. Vertrauen hin oder her. Es war bestimmt nicht so gedacht, dass man einfach darauf wartete, dass etwas geschieht. Man hatte bei allem Vertrauen auch Verpflichtungen. Da war sie sicher.
Da sie keinen Streit wollte, setzte sich Emilia zu ihrem Mann, doch die Sache mit Jakob behielt sie im Hinterkopf.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, lachte die Sonne vom Himmel. Herrlicher Sonnenschein erwartete sie. Beste Voraussetzungen, um sich auf die Suche nach Nahrungsmitteln zu machen. Doch wo war Hannes? Ob er schon losgezogen war? Sie öffnete die Haustür und trat vor Schreck einen Schritt zurück.
Ihr Hannes lag faul auf seinem Liegestuhl und sonnte sich. Ein paar Maiskörner, die sie am Tag zuvor mitgebracht hatte, lagen auf einem kleinen Beistelltischchen neben ihm.
„Na schau mal her! Geht es dir gut?“, fragte sie vielleicht ein bisschen zynisch.
„Mir geht es sogar sehr gut! Ich genieße den Tag. Denke nicht an gestern und nicht an morgen und lass den lieben Gott einen guten Mann sein.“
„So geht das aber nicht, Hannes. Wir werden im Winter verhungern. Du weißt, dass wir keine Sonnenstrahlen einfrieren können für kalte Wintertage und du weißt auch, dass wir davon nicht satt würden.
Also, mein Lieber, ich mache mich jetzt auf den Weg und schaue, wohin mich das Leben verschlägt. Bei dir bleibe ich jedenfalls nicht länger.“
Dann stapfte sie ins Schlafzimmer, warf ein paar Dinge in ihren Koffer, schnappte sich den Regenschirm und ihre Jacke und verließ ohne Gruß das Haus und ihren Mann, der ziemlich verdutzt hinter ihr her schaute
„Aber Liebes, so war das doch nicht gemeint!“, hörte sie ihn von weitem rufen.
Doch darum kümmerte sie sich jetzt nicht mehr. Sie ging ihren Weg, auch wenn sie noch nicht wusste, wohin er sie führen würde. Vertrauen sollte sie haben, hatte Hannes gesagt. Gut, sie hatte Vertrauen darin, dass der liebe Gott ihr schon den rechten Weg zeigen würde. Sie vertraute darauf, weder zu verhungern, noch hatte sie Angst, im Winter ohne Bleibe zu sein. Es würde sich schon fügen.
Ohne zurückzublicken, ging sie zielstrebig voran.
„Nanu“, wurde sie bald angesprochen, „wohin des Weges, schöne Frau.“
Oh nein, das war Gerald! Der hatte ihr gerade noch gefehlt. Er war so ein richtiger Schleimbolzen. Jeden Morgen stand er stundenlang vor dem Spiegel und striegelte sein Fell, bis auch kein Härchen mehr in eine falsche Richtung stand. Ne, auf den hatte sie überhaupt keine Lust. Ohne ein Wort ging sie einfach weiter.
„Eingebildete Schnepfe!“, rief er ihr noch nach. Doch das machte ihr nichts aus.
Wer ihr wohl noch alles über den Weg laufen würde?
„Hopsa!“, rief sie aus, während sie fast über Renate gestolpert wäre. „Was ist mit dir?“, fragte sie, „weshalb liegst du hier mitten auf dem Weg?“
Erst jetzt sah Emilia die verweinten Augen ihrer Freundin. „Was ist geschehen?“, fragte sie deshalb panisch.
„Ach, Emilia, es ist furchtbar. Mein Mann wurde gestern von einem Traktor überfahren. Jetzt stehe ich ganz allein da und der Winter steht vor der Tür. Wie soll ich das nur schaffen?“
O weh! Emilia hatte großes Mitleid mit ihrer Freundin, der sie bald darauf erzählte, dass auch sie alleine sei. Täuschte sich die Maus oder freute sich ihre Freundin über ihre Geschichte? Nein, sie täuschte sich nicht, denn bald darauf begann Renate zu jubeln: „Das ist ja wirklich großartig, Emilia. Lass uns zusammen bleiben.“
„Wir beide? Aber was sollen die anderen dazu sagen?“
„Das ist doch ganz egal, was die sagen. Hauptsache, wir sind nicht alleine und wir haben uns doch immer gut verstanden. Wir bekommen das schon hin. Komm mit in mein Haus. Das können wir gemeinsam bewohnen und wir können gemeinsam dafür sorgen, dass wir im Winter nicht verhungern und wir können plaudern und Strümpfe stricken für den Winterbasar und wir können uns gegenseitig aus unseren Leben erzählen und es uns am Feuer gemütlich machen. Ach, Emilia, lass dich doch nicht so lange bitten.“
Wenn sie es recht bedachte, hatte ihre Freundin Recht. Egal, was andere darüber dachten. Sie würde mit Renate gehen und sie würden eine tolle gemeinsame Zeit verbringen. Wie gut, dass sie darauf vertraut hatte, dass der liebe Gott schon wusste, was am besten für sie ist.

© Martina Pfannenschmidt, 2019

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6 Kommentare:

  1. Dann sage ich mal danke, dass du deine Geschichte mit uns teilst, denn sie hat mir gut gefallen.
    Hannes wird aber bald sein Gottvertrauen bereuen, denn bisher hat ja Emilia für das Essen gesorgt, naja und Gott unterstützt keine Faulpelze. Er führt uns nur, wie man bei Renate und Emilia sieht.
    Übrigens hat es mit der Mail geklappt, super. LGLore

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    1. Na, da bin ich doch gleich vierfach erfreut:
      1. Weil du hier warst und die Geschichte gelesen hast.
      2. Weil du einen Kommentar hinterlassen hast.
      3. Weil dir die Geschichte gefällt und
      4. dass es mit der Mail klappt! :-)
      Danke dir und liebe Grüße!
      Martina

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  2. eine hübsche Geschichte
    ja so ist das mit dem Gottvertrauen
    man muss auch schon selber etwas tun
    darf aber auch Führung und Fügung vertrauen

    liebe Grüße
    Rosi

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    1. Liebe Rosi, ich las letztens folgende Frage: Was machst du, wenn du von der Küche ins Wohnzimmer gehen möchtest? Antwort: Du stehst auf und gehst hin!
      Will sagen: Wir müssen einen Entschluss fassen. In diesem Fall: aufstehen und dorthin gehen. Zunächst muss es unsererseits eine Handlung geben und dann dürfen wir auf Führung und Fügung hoffen! - Ich glaube ganz sicher, dass es so ist. - Danke für deinen Besuch und den Kommentar! LG Martina

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  3. Liebe Martina,
    schön dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast. Irgendwie muss ich schmunzeln, wenn ich sie lese.Sehe die Mäuschen so lebhaft vor mir. Tja nur faulenzen und nicht vorsorgen, bekommt der gemütlichsten Maus auf Dauer nicht gut. Ständig nur Vorsorgen zu treffen und nicht in der Sonne zu faulenzen, ist auch nicht gesund, das rechte Maß entscheidet.
    Die zwei Mausemädels werden das schon schaffen, gemeinsam ist man/frau stark.
    Winke mal fröhlich zu Dir rüber,
    Gruß Helga

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    1. Hallo, liebe Helga! Ja, das rechte Maß macht's. Da gebe ich dir recht. Und das ist oft gar nicht so einfach. - Gerade in der heutigen Zeit scheint es mir, als würden wir viel zu viel Vorsorge treffen - wenn ich zum Beispiel an all die Versicherungen denke, die man so für sein Leben abschließen kann. - Das hat dann wenig mit Vertrauen in das Leben zu tun.
      Da winke ich doch mal fröhlich zurück! Winkewinke!
      Martina

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