Donnerstag, 15. Oktober 2020

Nussknacker

 

Lest bitte auch bei Lore und Regina, und schaut, welche Geschichten sie zu diesen Reizwörtern geschrieben haben!

 

Reizwörter: Burg, Landschaft, pflücken, mächtig, bezaubernd

 

Von meinem Platz aus genieße ich den freien und märchenhaften Blick auf die Landschaft, die mit ihren grünen Wiesen, dem kleinen Flusslauf und der sagenumwobenen Burg malerisch vor mir liegt.

Hin und wieder gestatte ich ihr einen Besuch ab. Besonders im Herbst erfreue ich mich an dem mächtigen Walnussbaum, der dort im Innenhof seinen Platz einnimmt.

Seine gelblich-braune Herbstfärbung währt nicht lange, da der Baum seine Blätter sehr zeitig verliert. Mehr noch als die Färbung begeistern mich aber seine Früchte, die ich nicht einmal pflücken muss, da der Baum sie bereitwillig abgibt und ich sie nur noch einsammeln muss.

Ich schaue vom gegenüberliegenden Wald aus auf die gewaltige Burg und der Waldboden unter mir ist übersät mit einer dicken Schicht brauner Nadeln. Am liebsten mag ich jedoch die Stellen, die mit Moos bewachsen sind. Dort läuft es sich besonders weich.

Mein Weg führt mich an einer morschen Tanne vorbei, an dessen Stamm sich eine Kletterpflanze empor schlängelt.

Ich mag den Wald zur Herbstzeit und diese ganz besondere Stimmung. Kein Kuckucksruf, kein Specht, der die Stille mit seinem Klopfen durchbricht. Nur hin und wieder ist das leise Rascheln der bunten Blätter vernehmbar, wenn sich ein Mäuschen seinen Weg im Wurzelgeflecht eines Baumes bahnt.

Im Unterholz erspähe ich inmitten des moosbewachsenen Waldbodens die Schlafstelle von Wildschweinen. Daneben befinden sich ein paar kahle Tannenzapfen, deren Schuppen den Boden bedecken.

Ein Stückchen weiter liegt ein Fellknäuel unter einem hohen Baum, das darauf verweist, dass eine Eule an dieser Stelle ihr Nachtmahl eingenommen hat.

Ich bleibe stehen und sehe mich weiter um. Die Blätter der Bäume bezaubern mich mit ihrem Feuerwerk an Farben. In allen erdenklichen Rot-, Braun- und Gelbtönen leuchten sie mir entgegen.

Barfuß laufe ich über den farbenfrohen Teppich aus frisch gefallenen Blättern, nehme den Geruch von würziger Rinde und saftigem Moos wahr und genieße die Ruhe, die mich umgibt.

Ein wärmender Sonnenstrahl trifft mich, doch ich beschließe, meinen Weg schnellen Schrittes fortzusetzen. Das Laub unter mir raschelt dabei und in mir steigt die Lust auf, einen Purzelbaum zu machen.

Fast hätte ich durch mein unbekümmertes Verhalten einem heranwachsenden Pilz sein keckes Hütchen vom Kopf gefegt. Doch er nimmt es mir nicht übel, bleibt stumm neben mir stehen, bringt kein Wort der Klage über seine Lippen, sondern verströmt nur seinen unverkennbaren Duft, der mir anheimelnd in die Nase steigt.

Ich beschließe, meinen Weg abseits des Weges fortzusetzen, laufe vorbei an Brombeersträuchern, hin zu einem Platz, an dem die Sonne mich mit ihren wärmenden Strahlen streichelt.

Doch dann bleibe ich unvermittelt stehen. Ich höre die Stimmen einiger Kinder und stelle fest, dass ich gar nicht bemerkt habe, wie nahe ich ihnen bereits gekommen bin.

Ganz hier in der Nähe befindet sich ein Waldkindergarten. Dort spielen die Kinder ganz ohne Spielzeug einfach nur draußen in der freien Natur. Nur ein alter Bauwagen dient ihnen bei Regen als Unterschlupf.

Ich verstecke mich flott hinter einem dicken Baumstamm und beobachte sie eine Weile. Die Kinder, die sich vor der kühlen Luft mit Mützen und Schals schützen, machen gerade eine Pause und holen Trinkflaschen und Brotdosen aus ihren Rucksäcken. Mit roten Wangen verzehren sie ihr Brot, bevor sie beginnen, aus den unterschiedlichsten Materialen, die sich in ihrer unmittelbaren Umgebung befinden, eine Suppe zu kochen.

Den Kleinen mangelt es wahrlich nicht an Phantasie und Kreativität und ich kann nur hoffen, dass sie die Natur kennen- und lieben lernen und es ihnen wichtig sein wird, diese zu schützen und zu bewahren.

Wie schön ist es, dass diese Kinder erfahren, wie nasses Laub riecht und wie es sich anfühlt, barfuß durch die Blätter zu laufen oder durch einen Bach zu waten.

Aber jetzt: Genug beobachtet. Ich folge weiter meinem Weg, den mir die Sonne weist und schon bald umgibt mich wieder die Einsamkeit, die ich mit allen Sinnen genieße.

Auf dem Waldboden vor mir liegen verstreut Eicheln und Bucheckern, die ich vorsichtig an mich nehme und in meinen Taschen verstaue, bevor ich diese Kostbarkeiten vor dem nahenden Winter vergraben werde.

Das ist wichtig, da ich auch im Winter und trotz eines tiefen Schlafes manchmal Hunger bekomme. Dann bin ich froh über all die Schätze, die ich im Herbst an den Wurzeln der Bäume verscharrt habe.

Fabelhaft finde ich übrigens, dass mich manche Menschen als intelligenten und goldigen Nussknacker bezeichnen!

 

© Martina Pfannenschmidt, 2020

 

Diese Geschichte nimmt an Elkes 'froher und kreativer Linkparty' teil.

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12 Kommentare:

  1. Liebe Martina,
    was für eine schöne Herbstbild Geschichte hast du da geschaffen. Man fühlt sich mittendrin, erfährt von der Schönheit des Herbstes und von besonderen Düften. Toll geschrieben!
    Danke für die schöne Geschichte, ich weiß allerdings nicht sicher, wer da durch den Wald geht und Nüsse und Bucheckern sammeln und versteckt - ein Eichhörnchen?
    Liebe Grüße
    Regina
    Regina

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    1. Ach herrje, ist es nicht deutlich genug zu erkennen? - Ja, der Protagonist dieser Geschichte ist ein Eichhörnchen, ein 'goldiger Nussknacker'. -
      LG und Danke dir für deinen Besuch und den Kommentar!

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    2. Danke Martina, der Fehler lag nicht bei dir, ich habe gelesen "goldener" statt goldiger und das hat mich ins Wanken gebracht, sorry!
      Liebe Grüße
      Regina

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  2. Liebe Martina,
    herzlichen Dank für diese zauebrhafte Geschichte von dem Eichhörnchen :O)
    Ich wünsche Dir ein schönes und herbstbuntes Wochenende!
    ♥️ Allerliebste Grüße , Claudia ♥️

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    1. Liebe Claudia, Danke für deinen Besuch und den Kommentar. - Im Moment ist es noch ein bisschen grau. Aber das wird schon mit dem Herbst-Bunt! ;-)
      LG Martina

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  3. Ach Martina, du hast mich jetzt, die ich immer eingesperrt bin, mitgenommen zu einem herrlichen herbstlichen Waldspaziergang. Barfuß bin ich zwar nicht gelaufen und habe mich gewundert warum Du, hihii, dann endlich erkannte ich, dass es ein Eichhörnchen war, diese Tiere mag ich ganz besonders gern.
    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende. herzlich3 Grüße Lore

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    1. Sie sind wirklich putzig. Ich mag sie auch sehr. Die sind dem Herrgott wirklich gut gelungen. Lach!
      Ja, ich wollte dich zunächst auf eine falsche Fährte führen. - Ist mir wohl gelungen. ;-) - Anhand deiner Geschichten sieht man, liebe Lore: Dein Geist und deine Fantasie sind nicht 'eingesperrt'. - LG Martina

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  4. Lach, ich habe mich schon wundern wollen, dass du so abgehärtet bist, liebe Martina. Wieder voll bildlich gut beschrieben dein Eichhörnchen-Herbstspaziergang.
    Hab ein schönes Wochenende und viele gute Walnüsschen auf deinem Weg.
    Gruß Helga

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    1. Na, dass mit dem Barfuß durch den Wald laufen, das hätte ich ja noch hinbekommen. Aber den Purzelbaum ... ;-) - Hab auch du eine glückliche Zeit!
      Martina

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  5. Die Reizwortgeschichte gefällt mir gut. Wir hatten mehrere Eichhörnchen im Garten. Jetzt habe ich sie länger nicht gesehren. Vermutlich sind sie mit dem Wintervorrat beschäftigt.
    LG Elke

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    1. Danke dir, Elke, für Besuch und Kommentar. - Unser Nachbar hat in unserem Garten auch ein Eichhörnchen erspäht. Nur wir leider nicht. :-( - Hoffentlich kommt es noch einmal wieder. Ich finde diese Tiere einfach putzig. - LG Martina

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  6. hihi
    ich wunderte mich schon über die bloßen Füße ;)
    und dann dass vergraben der Eicheln
    da war mir klar um wen es sich handelt ;)
    schöne Geschichte
    hier bei uns gibt es auch neu einen Waldkindergarten

    liebe Grüße
    Rosi

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