Wieder
einmal hatte Graufellchen seinen Anteil vom Mittagessen bekommen und es hatte
ihm vorzüglich geschmeckt. Leider konnte er seine Dankbarkeit dafür den beiden
gegenüber nicht äußern. Das war so schade. Er hätte auch gerne etwas zu dem Gespräch
über Dankbarkeit, das Gerda und Karl vor einer Weile geführt hatten,
beigetragen; doch wie sollte er dies tun? Graufellchen war darüber ein kleines
bisschen traurig. Wie schade war es, dass sich die Menschen und Tiere nicht
miteinander verständigen konnten.
Von
seinem Urgroßvater wusste er jedoch, dass es vor sehr, sehr langer Zeit einmal
anders gewesen sein muss. Die Menschen damals, die konnten sich noch mit den
Tieren verständigen. Also nicht so richtig sprechen, aber sie verstanden sich
auf einer anderen Ebene.
Es
war schon traurig, dass sich das grundlegend verändert hatte.
Aber
die Maus wollte nicht jammern. Dafür hatte sie es bei Gerda und Karl viel zu
gut, was ja zeigt, dass es auch in heutiger Zeit noch warmherzige Menschen gibt.
Gerda gab ihm immer etwas auf seinen Teller. Ja wirklich, er hatte seinen
eigenen kleinen Teller und fühlte sich dadurch wie ein König und ebenbürtig.
Als
Graufellchen auf seinem Wollmaus-Bett lag und über das Leben nachdachte, rührte
sich etwas im Wohnraum. Schon sprang er vom Bett herunter. Auf keinen Fall
wollte er die Unterhaltung verpassen.
„Mir
geht immer noch unser Gespräch über die Dankbarkeit durch den Kopf“, erwähnte
Karl. „Eben gerade dachte ich daran, dass die Kinder auch lernen sollten, ‚bitte’
zu sagen.“
„Ja,
das stimmt!“, bestätigte Gerda. „Wie heißt das Zauberwort, fragen die
Erwachsenen die Kinder gerne.“
„So
ist es. Aber ist das Wort ‚Danke’ nicht auch auf seine Art ein Zauberwort?“,
fragte Karl.
„Ganz
gewiss ist es das und ein ‚Das wäre doch nicht nötig gewesen’ ist auch kein
Danke, nicht wahr.“
„Nein,
dass ist kein Danke. Das stimmt wohl.“
„Auf
alle Fälle sollte ein Dank ehrlich gemeint sein und nicht einfach nur aus
Gewohnheit dahergesagt werden.“
„Ja,
Gewohnheit. Da sagst du was. Hast du das Jammern des jungen Mannes gehört, der
sich in der S-Bahn mit jemandem unterhielt.“
„Du
meinst bestimmt den, der sich über sein Baby beschwert hat. Dass er nicht
schlafen kann, weil es Zähnchen bekommt.“
„Genau
den meine ich. Wir Menschen jammern oft und gerne und sind uns oftmals nicht
einmal bewusst, wie schnell das zur Gewohnheit werden kann.“
„Ja,
aber weißt du, uns fällt das bei anderen Menschen immer eher auf, als bei uns
selbst. Wie schnell jammern wir zum Beispiel über das Wetter. Ich mag es einfach
nicht, wenn alles so grau ist und muss aufpassen, dass ich mich dadurch nicht
in ein Jammertal ziehen lasse.“
„Ich
glaub, irgendwann hat wohl jeder von uns mal herumgejammert. Vielleicht über
den Vorgesetzten oder weil uns immer der Parkplatz vor der Nase weggeschnappt
wird. Doch ich denke, das birgt insofern eine Gefahr, als dass wir es gar nicht
mehr bemerken, wie negativ wir in unseren Gedanken sind.“
„Ja
und wie heißt es so schön: Dass was wir heute denken, werden wir morgen sein.“
„Ich
denke, dass sollten wir nicht unterschätzen.“
„Du
hast recht, Karl, Gedanken kommen und gehen und oft denken wir gar nicht daran,
welche Kraft sie besitzen.“
„Es
sind gewiss nicht viele, die sich ihre Lebenssituation anschauen und
gleichzeitig gucken, welche Gedanken dem voraus gingen.“
„Wer
sieht schon einen Zusammenhang zwischen der eigenen unzufriedenen
Lebenssituation und seinen Gedanken. Es ist immer einfacher, das auf andere
abzuwälzen. Doch jeder sollte die Verantwortung für sein Leben übernehmen und
damit auch die, für seine Gedanken.“
„Das
stimmt wohl, Gerda, wenn jemand ständig denkt, dass er ein Pechvogel ist, muss
er sich nicht wundern, wenn ihm das Leben genau das spiegelt.“
Gerda
nickte und meinte: „Egal, ob wir Gutes denken oder Schlechtes. Die Kraft der
Gedanken funktioniert immer. Deshalb sollten wir weise wählen, worauf wir
unsere Aufmerksamkeit und Energie richten.“
„Ja,
so ist das. Wir ziehen das an, was wir ausstrahlen. Übrigens auch Menschen.“
„Das
heißt also, dass wir dann, wenn wir selbst ständig jammern, auch diese Menschen
anziehen.“
„Gewiss
und schau mal, jetzt sind wir schon wieder beim Thema Dankbarkeit, denn das ist
sicher ein Weg, der uns aus dem Jammertal führen kann. Und schon müssen wir
nicht mehr darüber jammern, dass es grau und regnerisch ist, sondern wir können
dankbar dafür sein, dass wir ein gemütliches Heim haben.“
„Und
einen Regenschirm“, ergänzte Gerda lachend.
©
Martina Pfannenschmidt, 2017