Freitag, 10. November 2017

Familie Spatz auf Wohnungssuche

Der Winter war in diesem Jahr besonders lang. Dodo und Mimi trafen sich täglich am Vogelhäuschen, das windgeschützt auf der Terrasse der Familie Bommel stand.
Während die anderen Spatzen sich um das Futter stritten, hatten Dodo und Mimi nur Augen füreinander. Sie waren heimlich ineinander verliebt. 
„Wenn Dodo doch nur nicht so schüchtern wäre“, dachte Mimi. „In ein paar Wochen wird die Sonne hoch oben am Himmel stehen und dann möchte ich eine Familie gründen und das am liebsten mit Dodo“.
Heute war der erste Tag, an dem die Sonne die Menschen und Tiere wärmte und Familie Bommel kein Futter mehr ins Häuschen gestreut hatte.
Dodo wusste, nun war der Tag gekommen, an dem er seine Mimi fragen musste. Er durfte nicht länger warten, sonst käme ihm vielleicht Switchi zuvor und würde sie ihm wegschnappen.
Er wusste, dass er auch ein Auge auf Mimi geworfen hatte. Dodo nahm seinen ganzen Mut zusammen und flog zum Vogelhäuschen. Hoffentlich kam Mimi auch dorthin.
Aufgeregt trippelte der kleine Spatz die Terrasse herauf und wieder herunter. 
„Bestimmt wundern sich die Menschen schon darüber“, dachte Dodo. „Doch ich bin so aufgeregt. Ich muss einfach in Bewegung sein.“
Schon von weitem sah Mimi ihren Dodo. Es sah so aus, als hätte er Flöhe im Bauch, oder weshalb war er ständig in Bewegung? Grazil landete sie direkt neben ihm.
„Wenn er mich jetzt nicht fragt, ob ich seine Frau werden will“, dachte Mimi, „dann fliege ich zu Switchi“. 
Doch Dodo traute sich und Mimi sagte ‚Ja’.
„Dann müssen wir jetzt aber Ausschau nach einer geeigneten Wohnung halten“, mahnte Mimi.
„Ich habe schon einen schönen Platz ins Auge gefasst“, freute sich Dodo über Mimis Initiative. „Wollen wir jetzt gleich dorthin fliegen?“
Mimi wollte und nahm die Wohnung in Augenschein.
„Dodo, was hast du dir nur dabei gedacht?“, fragte Mimi. „Sieh doch nur. Der Platz ist völlig ungeeignet. Direkt neben dem Baum steht die Kirche. Die Kinder werden sich furchtbar erschrecken, wenn morgens die Glocken läuten. Nein, nein, das kannst du vergessen. Hier ziehe ich nicht ein.“
Dodo war enttäuscht. Aber er musste zugeben, dass Mimi Recht hatte. Also musste er weiter suchen.
Am nächsten Tag zeigte Dodo seiner Mimi eine andere Behausung. Es war ein verwittertes altes Häuschen. Das hätte Mimi noch hingenommen. Aber …
„Bitte, Dodo, schau doch mal“, meinte Mimi, „die Menschen haben das Häuschen falsch angebracht. Die Öffnung zeigt Richtung Süden. Dann wird unseren Kindern viel zu warm werden, wenn die Mittagssonne direkt in unsere Wohnstube scheint.“
Dodo musste zugeben, dass Mimi auch jetzt wieder Recht hatte. Darüber hatte er natürlich nicht nachgedacht. Frauen waren in dieser Beziehung einfach weitsichtiger. Also hieß es für den kleinen Spatz: weitersuchen. 
Zwei Tage später zeigte Dodo Mimi die dritte Wohnung, die er gefunden hatte. Er war schon ganz gespannt, was Mimi sagen würde. Diesmal hatte er an alles gedacht. Die Wohnung war zum Osten ausgerichtet und die Kirche lag weit entfernt. Diesmal würde seine Mimi mit ihm zufrieden sein. Zumindest dachte er sich das so.
„Dodo, das ist jetzt nicht dein Ernst“, stänkerte Mimi.
„Was ist denn nun schon wieder?“, fragte Dodo.
„Schau doch mal genau hin. Es ist für die Katze ein leichtes, auf diesen Baum zu kommen und unsere Kinder aus dem Nest zu holen. Bei aller Liebe, das wird auch nichts. Am besten gehst du zu einem Makler und fragst ihn um Rat“, schlug Mimi vor.
„Auf keinen Fall! Der Kuckuck spielt sich hier als Makler auf und hat dem einen oder anderen schon ein Ei ins Nest gelegt“, wusste Dodo zu berichten. „Auf keinen Fall schalten wir einen Makler ein. Ich werde einfach weitersuchen“. 
Doch so langsam wurde es Zeit. Die anderen Spatzen hatten bereits ihren Platz gefunden und man sah sie ihr Nest auspolstern. So weit waren Dodo und Mimi noch lange nicht.
Familie Bommel marschierte durch den Baumarkt und sah einen leuchtend gelben Nistkasten. Weil sie sich den ganzen Winter über an den vielen Vögeln auf ihrer Terrasse erfreut hatten, beschlossen sie, dieses Exemplar zu kaufen und in ihrem Garten aufzustellen, was Herr Bommel sofort erledigte, als er zu Hause war.
Gerade in dem Moment flog Dodo über den Garten der Familie. Er war ganz entzückt. So schnell es ging flog er zu Mimi, um ihr dieses Mietobjekt zu zeigen. 
Mimi war hin und weg. Ein schöneres Zuhause konnte sie sich für ihre Familie nicht vorstellen. 
Zur Freude von Familie Bommel bezogen die zwei noch am selben Tag ihr neues Zuhause.
Ein paar Wochen später konnte Familie Bommel die ersten Flugversuche der kleinen Spatzenkinder beobachten. 
Ende gut – alles gut !!!

© Martina Pfannenschmidt, 2014