Montag, 30. Mai 2022

Bleib natürlich

Reizwörter: Dummkopf, Donnerstag, denken, dreckig, dösen

Auch bei Lore und Regina könnt ihr wieder Geschichten mit diesen Reizwörtern lesen!


Relaxet liege ich in meiner Hängematte, die ich zwischen zwei Bäume gespannt habe, die am Ende meines Gartens stehen wie zwei Wächter oder Zinnsoldaten, lasse meine Gedanken dabei ziehen und döse ein bisschen vor mich hin. Ich genieße die Kühle, die mir die Blätter der Bäume durch den Schatten, den sie mir spenden, gewähren.

Als ich noch jünger war, habe ich gerne direkt in der Sonne gelegen. Heute bin ich da ein bisschen weiser und auch empfindsamer gegenüber der direkten Sonneneinstrahlung.

An meine Ohren dringt das fröhliche Treiben der Nachbarkinder, die gemeinsam mit ihren Freunden im heimischen Pool plantschen und hin und wieder vor lauter Begeisterung kreischen.

Soviel Lebensfreude können wahrlich nur Kinder aufbringen. Für mich hat es den Anschein, als sei uns Erwachsenen diese Lebensfreude irgendwann abtrainiert worden. Oftmals fehlt uns einfach die Ausgelassenheit, die wir als Kinder alle noch kannten.

Als junges Mädchen wäre ich ebenso wie meine Nachbarkinder an diesem sonnigen Tag freudig ins kühle Nass gesprungen und ich muss sagen, dass ich bis heute eine Wasserratte bin und mir die Freude am Wasser erhalten habe, weshalb es mich immer wieder ans Meer zieht.

Das ist schon ein bisschen erstaunlich, denn die Heldin meiner Kindheit war immer Heidi. Und die lebte ja nicht am Meer, sondern bei ihrem Großvater in den Bergen.

Ach, die Heidi! Ich habe sie geliebt und manchmal auch beneidet. Sie durfte sich dreckig machen und sie lief meistens barfuß über die blühenden Wiesen und war eigentlich immer gut drauf, wenn sie draußen in der Natur sein konnte. Und sie war taff und clever. Ganz im Gegensatz zum Geißenpeter, ihrem Freund, der manchmal ein bisschen tollpatschig war und als Dummkopf herüber kam. Aber ich mochte ihn und seine Art auch sehr.

Beneidet habe ich Heidi ganz besonders um ihren Schlafplatz im duftenden Heu - oben auf dem Heuboden mit direktem Blick hinauf zu den Sternen.

Ja und nicht zu vergessen Klara, Heidis Freundin aus der Stadt, die im Rollstuhl saß und später auf der Alm wieder laufen konnte.

Auch wenn das natürlich nur ein Film ist und es so im Drehbuch steht, finde ich, dass uns die Natur doch wirklich gut tut und auf alle unsere Ebenen heilsam einwirkt.

Doch mein Gefühl sagt mir, dass wir Menschen uns immer mehr von der Natur abschneiden. Sie und wir, dass ist nicht mehr eins. Zumindest in unseren Köpfen.

Ich denke oftmals, wenn es regnet: das tut der Natur gut. Und mir? Mir nicht? Vielleicht sollten wir unsere Gedanken diesbezüglich ändern und uns mit der Natur wieder mehr verbinden, so wie es die Menschen früher noch taten.

Doch was ist das eigentlich, die Natur? Ist es nicht die Heimat von uns allen? Egal ob Mensch, Tier, Pflanze, Stein oder Meer? Oder ist es gar unsere Essenz?

Ja, unsere wahre Natur. Wer oder was ist das eigentlich?

Wenn ich mich so umsehe, die Natur und ihre Abläufe betrachte, ihre kleinen und großen Wesen bestaune, stelle ich fest: alles ist perfekt!

Wenn ich mir die Fäden anschaue, die eine Spinne fertigt, kann ich nur feststellen, dass sie absolut meisterlich sind und dass es dem Menschen bis heute nicht gelungen ist, sie zu kopieren. Und auch der Lotuseffekt ist keine Erfindung der Menschen, sondern von der Natur abgeschaut und dennoch nicht so grandios.

Oder schauen wir uns nur unseren Körper an. Wie tadellos alles miteinander funktioniert und harmoniert. All diese Abläufe, die wir denken zu kennen. Doch wer ist der Taktgeber unseres Herzens? Woher kommen unsere Gedanken?

Natürliche Abläufe, wohin wir schauen! Abläufe, ohne die wir gar nicht leben könnten. Doch sie geschehen. Einfach so! Von ganz allein und ganz natürlich!

In unserer Natur läuft alles so lange natürlich ab, bis wir Menschen versuchen, sie zu verändern, oder gar zu ‚verbessern’. Doch warum möchten wir Dinge perfektionieren, die perfekter gar nicht sein könnten?

Die Erde dreht sich um die Sonne ohne Eingreifen des Menschen. Ebbe und Flut geschehen ohne Einfluss des Menschen.

Der Mensch legt ein Samenkorn in die Erde, doch dass es aufgeht, wächst und wieder vergeht sind ganz natürliche Abläufe. Harmonisch und perfekt! Wie sagen wir gerne: das Gras wächst auch nicht schneller, wenn wir daran ziehen! – Es wächst von ganz allein und in seiner Geschwindigkeit.

Aber wenn wir Menschen Teil der Natur sind, sind wir doch ‚eigentlich’ auch perfekt – oder nicht?

Ich denke, dass wir Menschen unter all unseren Erfahrungen, die wir gemacht haben, unter all den Beurteilungen und Konditionierungen, unter all den Verurteilungen und Bewertungen und ohne all das falsch Verstandene und Erlernte – tatsächlich perfekt sind. Und das gilt es zu erkennen und wieder zu (er)leben!

Die Kirchturmuhr reißt mich mit ihrem Uhrschlag aus meinen Gedanken. Schnell kombiniere ich: 16 Uhr und heute ist Donnerstag. Dann wird es allerhöchste Zeit für mich, mich aus der Hängematte zu erheben und zu meiner Freundin zu gehen. Sie wartet nämlich schon in ihrem wundervollen Garten mit Kaffee und Kuchen auf mich.


© Martina Pfannenschmidt, 2022


Diese Geschichte nimmt an Elkes 'froher und kreativer Linkparty' teil.

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6 Kommentare:

  1. Liebe Martina,
    eine tolle Geschichte ist dir wieder zu den Reizwörtern eingefallen. Und weil ich immer etwas mitnehme aus deinen Geschichten, nehme ich diesmal die Erkenntnis: Ich bin perfekt! Wenn das nichts ist!!!! Es verschönert meinen Tag und selbstbewusst fahre ich nun in die Stadt und denke unterwegs genau das: Ich bin perfekt, wir alle sind perfekt!
    Danke und liebe Grüße
    Regina

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    1. Genau so ist das! - Wir müssen nur tief genug in uns gehen, dann können wir es genau 'sehen'. Wir sind alle einfach perfekt!!! - Danke dir und hab einen schönen Tag! Martina

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  2. sehr schön hast du das geschrieben ..
    ja.. die Natur braucht niemanden der sie nachbessert
    aber wir Menschen?
    Als Lebewesen sind wir vielleicht perfekt
    doch als Mensch??
    Da hapert es wohl manchmal ganz gewaltig
    sonst gäbe es nicht so viel Not und Unheil
    vielleicht sollten wir mehr auf die Natur hören
    uns wieder in Einklang bringen wie du ja auch meinst

    liebe Grüße
    Rosi

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    1. Liebe Rosi, ich bin ziemlich sicher, dass wir wieder mehr auf die Natur schauen und auf unser Herz hören sollten. - Wenn ich mir 'die Welt da draußen' so anschaue, dann läuft da wirklich sehr vieles in eine sehr ungute Richtung. Doch wer reißt das Ruder wirklich herum? Ich glaube, dass muss jeder einzelne für sich und 'in' sich tun. - Da beginnt die Veränderung für alles! - Danke für deinen Besuch und den lieben Kommentar und hab ein ganz schönes Pfingstfest! - Der Heilige Geist wird uns ja in Form von Sturm und Regen gehörig 'um die Ohren wehen'! - LG Martina

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  3. Liebe Martina,
    deine Geschichte könnte genau so von mir geschrieben sein,einfach super auf den Punkt gebracht.
    Mit einem fröhlichem Pfingstgruß zu dir aus meiner Hängematte.:)
    Helga
    https://file1.hpage.com/007968/29/bilder/p1150116.jpg

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    1. Danke, liebe Helga, und pass schön auf, dass dich der Wind nicht aus deiner Hängematte weht! :-)))) LG Martina

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