Freitag, 14. Dezember 2018

Weihnachtsstress


Ich kann euch sagen, dass ist ein Chaos hier. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst oder zuletzt tun soll. Es ist noch so unheimlich viel vorzubereiten, bis zum Fest. Der Countdown läuft, könnte man sagen. Nur noch eine Woche. Nur noch eine Woche! Nur noch eine Woche? Ach du liebe Zeit!
Die Weihnachtskarten wollen noch geschrieben werden und die Päckchen! Es ist bestimmt schon viel zu spät dafür. Die Post hat doch ständig mit Verspätungen zu tun. Ach nein, da verwechsle ich was. Das ist ja die Bahn. Obwohl, die Post?! So pünktlich liefern die auch nicht immer. Also, heute müssen die Päckchen zur Post. Das hat jetzt absolute Priorität. Stellt euch nur mal vor, Weihnachten und MEIN Päckchen läge nicht unter dem Tannenbaum von Tante Agnes. Unvorstellbar! Nein! Also, das geht mal gar nicht.
So, alles klar. Die Päckchen müssen heute auf den Weg. Aber, Moment! Ich habe ja gar kein Auto. Jedenfalls jetzt noch nicht. Hoffentlich hat die Post noch offen, wenn Manfred nach Hause kommt. Dann schick ich ihn dorthin. Das ist eine gute Idee. Der hat sowieso mehr Zeit, als ich. Ich muss ja auch noch Plätzchen backen. Bin ich noch gar nicht dazu gekommen. Es war ja ständig was anderes.
Plötzlich standen unerwartet Freunde vor der Tür, wollten mit uns über den Weihnachtsmarkt gehen. Na ja und die Geschenke wollen ja auch besorgt werden. Dauert halt alles seine Zeit. Die Geschäfte sind rappelvoll und wenn man sein Geschenk noch aufwändig und besonders schick verpacken lassen möchte, ja dann dauert das halt alles – und die Zeit läuft einem davon. Ja und plötzlich ist in einer Woche Weihnachten. Fragt mich nicht, wie ich das alles noch schaffen soll.
Ach die Betten! Ich muss ja auch noch die Betten beziehen. Oma und Opa kommen ja über die Feiertage zu Besuch. Und überhaupt: Wann kaufe ich denn am besten ein?
Dieses Mal fällt Heiligabend ja auf einen Montag. Also, wann bitte, kauft man dann ein? An dem Morgen bekommst du doch nirgendwo ein Bein an die Erde. Aber willst du schon am Freitag oder Samstag davor frisches Gemüse und Obst kaufen? Das hält sich doch gar nicht über die vielen Tage. – Ein Stress! Ich kann es euch sagen. Was ich alles noch zu bedenken habe! Und der Baum. Also, den müssen wir morgen besorgen. Sonst bekommst du nur noch den letzten Krüppel. Aber wenn du ihn zu früh besorgst, nadelt er schon, wenn du ihn ins Haus bringst. Ja, das sind alles Überlegungen, die getroffen werden wollen. Schließlich soll alles perfekt sein zum Weihnachtsfest.
Ich weiß nicht! Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, etwas ganz Wichtiges vergessen zu haben. Aber eine Woche habe ich ja noch. Wird mir hoffentlich noch einfallen, was es ist. Aber irgendwie macht mich das ganz kribbelig, dass ich nicht weiß, was ich vergessen haben könnte, wenn der große Tag da ist.
So, jetzt Schluss mit dem Geplauder. Ich muss jetzt mal was tun. Am besten mache ich zuerst den Plätzchenteig und während der ruht, packe ich die Päckchen. Ja, so mache ich das, und danach …

Heiligabend!

Ich stehe vor dem Kleiderschrank und suche nach meinem festlichen Outfit, das ich mir für diesen besonderen Tag extra gekauft habe. Bald darauf drehe ich mich stolz vor dem Spiegel. Alles ist perfekt! Die Ente brutzelt bereits im Ofen. Die Kekse liegen duftend in einer Schale. Die Gäste sind eingetroffen. Die Geschenke liegen unter dem perfekt geschmückten Baum. Komplimente sind mir sicher! Und doch! Es ist immer noch da, dieses Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. – In Gedanken gehe ich alles noch einmal durch. Nein, ich habe an alles gedacht. Doch das Gefühl bleibt.
Als ich bald darauf das Wohnzimmer betrete, den strahlenden Baum und die erwartungsvollen Menschen sehe, weiß ich plötzlich, was ich vergessen habe!
Das es Luxusprobleme sind, mit denen ich mich in den letzten Wochen herumgeschlagen habe. Das habe ich vergessen. Und dafür zu danken, dass ich mir vieles leisten kann. Ich habe vergessen, Dankbarkeit dafür zu empfinden, dass ich ein Dach über dem Kopf habe und liebe Menschen an meiner Seite.
Und ich habe noch etwas vergessen: Das nämlich der wichtigste Mensch an diesem Tag nicht bei uns ist. Ich habe vergessen, Jesus einzuladen!

© Martina Pfannenschmidt, 2018