Draußen im Garten stand ein Fahrrad. Es gehörte Marie, die 5 Jahre alt
war. Heute hatte niemand Zeit für sie. Mama putzte das Haus und ihre
Geschwister machten Hausaufgaben. Marie war langweilig.
„Spiel doch draußen im Sand oder fahr mit deinem Fahrrad durch den
Garten“, meinte Mama.
Marie hatte schon so viele Sandkuchen gebacken, aber keiner kam, um sie
zu probieren. Nur Morle, die schwarze Katze ihrer Nachbarin, hatte neugierig
daran geschnüffelt. Doch als Marie sie fragte, ob sie bleiben und mit ihr
spielen wollte, da war die Katze auf den Gartenzaun gesprungen und
fortgelaufen.
Maries Blick fiel auf ihr Rad. Es war rot und hatte eine Klingel. Doch
so ganz allein durch den Garten zu kurven machte keinen Spaß.
Sie überlegte kurz, schnappte sich ihr Rad, öffnete das Gartentor und
düste Richtung Dorfmitte. „Mal sehen, was da so los ist“, dachte sie.
„Vielleicht treffe ich ja jemanden aus meinem Kindergarten, mit dem ich spielen
kann“. Doch niemand war zu sehen.
In dem Moment wurde neben ihr auf dem Acker ein kleiner Erdhügel
aufgeworfen. Marie hielt an. Es dauerte gar nicht lange und ein kleiner
Maulwurf schaute oben aus dem Hügel.
„Hallo, Maulwurf“, rief Marie, „willst du mit mir spielen?“
„Würde ich ja gerne“, antwortete dieser, „aber ehrlich gesagt, ist es
mir viel zu hell hier draußen. Ich lebe unter der Erde und dort ist es immer
dunkel. Die Sonne blendet in meinen Augen und ich habe keine Sonnenbrille.
Sonst hätte ich jetzt gerne mit dir gespielt. Wie heißt du denn?“
„Ich heiße Marie und weißt du was, ich habe eine Idee. Wir gehen
zusammen in die nächste Stadt und kaufen dir dort eine Sonnenbrille. Wollen wir
das machen, kleiner Maulwurf?“
„Ich heiße Fritz“, sagte der Maulwurf, „und finde deine Idee genial.
Aber ich muss unter der Erde bleiben. Du musst nur den kleinen Erdhügeln
folgen. Wir treffen uns dann auf dem Marktplatz der Stadt und wenn du mir eine
Sonnenbrille gekauft hast, dann kann ich mit dir spielen.“
Gesagt, getan. Marie folgte den kleinen Erdhügeln, doch von der Stadt
war weit und breit nichts zu sehen. Da hielt Marie an und rief so laut sie
konnte: „Fritz, schau doch einmal aus deinem Hügel heraus. Ich glaube, wir
haben uns verlaufen“.
Als Fritz auf seinem Hügel stand und nach den Häusern der Stadt Ausschau
hielt, da bemerkte er, dass Marie Recht hatte. Sie standen inmitten einer
Wiese.
„Es stimmt, Marie, wir haben uns
verlaufen, was machen wir jetzt nur?“, fragte Fritz.
Marie überlegte. Ihre Beine waren müde und sie wollte gerne wieder nach
Hause. Und außerdem hatte sie ein schlechtes Gewissen. Marie wusste ganz genau,
dass sie ohne Mama oder Papa auf keinen Fall den Garten verlassen durfte.
Bestimmt waren sie schon auf der Suche nach ihr.
Da begann Marie zu weinen. Sie schluchzte so laut, dass alle Tiere, die
auf dieser Wiese lebten, zu ihr kamen. Marie erzählte, was geschehen war und
dass sie unbedingt ganz schnell wieder nach Hause müsse.
Gemeinsam überlegten die Tiere, wie sie Marie helfen konnten. Es musste
doch eine Lösung geben. Dann hatte der Frosch eine Idee.
„Ganz hier in der Nähe lebt eine Storchenfamilie. Ich habe mal gehört, dass Störche Kinder zu ihren Eltern bringen. Wollen wir mal Vater Storch fragen, ob er dich zu deinen Eltern zurückbringen kann?“, meinte der Frosch.
„Ganz hier in der Nähe lebt eine Storchenfamilie. Ich habe mal gehört, dass Störche Kinder zu ihren Eltern bringen. Wollen wir mal Vater Storch fragen, ob er dich zu deinen Eltern zurückbringen kann?“, meinte der Frosch.
Alle Tiere machten sich gemeinsam mit Marie auf den Weg zu Familie
Storch. Vater
Storch saß oben in seinem Nest und klapperte laut mit seinem Schnabel. Die
Tiere mussten schon sehr kräftig rufen, bis Vater Storch sie hörte. Doch dann
schwang er sich zu ihnen hinunter in die Wiese. Er hörte sich die Geschichte an
und erklärte sich bereit, Marie nach Hause zu fliegen.
Marie setzte sich auf den Rücken des Storches. Mama Storch nahm das
Fahrrad in ihren Schnabel. Dann flogen sie los.
Alle Tiere standen noch beisammen und winkten ihr nach. „Tschüß, Marie,
guten Flug und komm uns mal wieder besuchen“, riefen sie ihr hinterher. Es war
ein tolles Gefühl über der Wiese zu schweben. Aber noch lieber wäre Marie jetzt
schon zu Hause.
Als sie ihr Ziel fast erreicht hatten, sah Marie schon ihre Mutter. Sie
lief durch den Garten und rief immer wieder Maries Namen.
„Ich glaube“, meinte Vater Storch, „es ist besser, wenn ich dich hier
absetze. Jetzt ist es ja auch gar nicht mehr weit. Nun findest du den Weg
alleine.“
Marie stieg auf ihr Fahrrad und fuhr schnurstracks nach Hause.
„Mama, Mama, du darfst nicht schimpfen. Weißt du, mir war so langweilig
und da wollte ich in die Stadt fahren, aber der Maulwurf hat sich verlaufen.
Doch der Frosch hatte die Idee mit dem Storch. Und dann hat er mich zu dir
gebracht“, plapperte Marie aufgeregt.
„Marie, da bist du ja. Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht. Wo warst
du nur und was ist das für eine unglaubliche Geschichte? Du darfst doch nicht
alleine fortgehen. Das weißt du doch. Es ist viel zu gefährlich. Gott sei Dank
bist du wieder gesund zurück“, meinte Mama.
Dann nahm sie Marie ganz fest in die Arme. Marie erzählte ihrer Mutter
alles, was sie erlebt hatte und Mama meinte: „Wenn du den Storch noch einmal
triffst, dann sag ihm ein dickes Dankeschön, dass er dich zu mir zurück
gebracht hat“.
© Martina
Pfannenschmidt, 2014